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Channel: Das Umland – Fränkischer Anzeiger
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Aufladen und Verweilen

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Gemeinden rechnen durch Stromtankstellen mit zusätzlichen Gästen

ROTHENBURG LAND – Während man in Berlin noch diskutiert, werden in der fränkischen Provinz Fakten geschaffen: Für einige Auswärtige sind Insingen und Wettringen Geheimtipps, um ihre Akkus in der ländlichen Idylle aufzuladen. Und zwar wortwörtlich. In beiden Gemeinden stehen nämlich neuerdings Ladesäulen für Elektrofahrzeuge.

Leise und besonders umweltfreundlich, sagen die Befürworter. Eine geringe Reichweite, zu teuer, lange Aufladezeiten und zu wenige Stromtankstellen führen die Skeptiker ins Feld. Am Elektroauto scheiden sich in Deutschland (noch) die Geister. Um den Bundesbürgern die Stromer schmackhaft zu machen, ist auf politischer Ebene seit vergangener Woche eine Kaufprämie von 5000 Euro oder auch ein Steuervorteil im Gespräch.

Bis 2020 möchte die Regierung eine Million Elektroautos auf die Straßen bringen, was eine mehr als ambitionierte Zielsetzung ist, denn bislang gibt es nur etwa 47500 zugelassene Elektroautos in Deutschland. In den Vereinigten Staaten, Japan und Frankreich werden diese Fahrzeuge bereits staatlich subventioniert.

Ziehen an einem Strang für Elektromobilität: Energieversorger und Kommunalvertreter. Foto: Scheuenstuhl

Ziehen an einem Strang für Elektromobilität: Energieversorger und Kommunalvertreter. Foto: Scheuenstuhl

Von der Prämie, die unser westlicher Nachbar ausgibt, profitieren indirekt auch deutsche Autofahrer. Das französische Energiegesetz sieht vor, dass ein Halter sein Elektroauto – für das er einen staatlichen Zuschuss von 6300 Euro bekommt – nur sechs Monate und mindestens 6000 Kilometer gefahren haben muss, bevor er es weiter verkaufen kann, ohne dass er die Prämie verliert. Auf einschlägigen Internetportalen finden sich deshalb viele gebrauchte Elektroautos aus Frankreich wieder.

Doch die Senkung der Anschaffungskosten ist nur eine Seite der Medaille bei der Förderung der Elektromobilität. Gleichzeitig muss das Netz an Ladestationen flächendeckend ausgebaut werden. Bislang gibt es deutschlandweit nur knapp 5000 davon. Zwar bleibt die heimische Ladebuchse auch dann weiterhin der hauptsächliche Stromlieferant für das eigene Auto. Vielleicht schaffen dadurch die Stromer aber dennoch ihren Ruf als reines Stadtauto abzulegen und auch für Fahrten über Land attraktiv zu werden. Denn auch dort entstehen nach und nach Stromtankstellen. Die zwei jüngsten Ladesäulen in der Region befinden sich in Insingen (Diebacher Straße) und Wettringen (Marktplatz) und werden von dem regionalen Energieversorger N-Ergie betrieben.

Die Flächen im Besitz der Gemeinde werden hierfür kostenfrei zur Verfügung gestellt. Peter Köhnlechner, Erster Bürgermeister von Insingen, sieht in den Ladesäulen einen „ersten, wichtigen Schritt in Richtung elektromobile Zukunft“. In Sachen Energiewende kann seine Gemeinde bereits eine ansehnliche Bilanz vorweisen: 945 Photovoltaikanlagen, zwei Biogasanlagen und fünf Windräder gibt es in Insingen.

Wettringens Bürgermeister Karl Augustin hebt den Standortvorteil durch die neuen Ladesäulen hervor: „Wir freuen uns auf Ausflügler, die einen Aufenthalt in Wettringen mit einem Ladevorgang verbinden. Das stärkt die lokale Wirtschaft.“ Des einen Freud, ist aber des anderen Leid: Ein Ladevorgang dauert– je nach Ladestand und Ladeleistung des Fahrzeugs – mitunter mehrere Stunden.

Auch in Wettringen freut man sich über die Ladesäule.  Foto: Rößler

Auch in Wettringen freut man sich über die Ladesäule. Foto: Rößler

An den hiesigen Säulen können rund um die Uhr jeweils zwei Elektromobile gleichzeitig mit Öko-Strom über Typ2-Stecker mit einer Leistung von je 22 Kilowatt „betankt“ werden. Bis auf Weiteres ist dies kostenfrei. Die Kommunen werden nicht an den Betriebskosten beteiligt. Die Einführung eines Zeittarifs sei aber vorstellbar, erklärt Markus Prokop-czuk, Betreuer der kommunalen Kunden der N-Ergie. Möglich wäre auch, dass man sich per Anwendung auf dem Mobiltelefon (also per „App“) einen Platz an der Säule von unterwegs reservieren kann. Somit ließe es sich verhindern, dass zu der Lade- noch eine Wartezeit hinzukommt. Falls dieser zusätzliche Dienst eingeführt wird, soll ein reservierter Platz an der entsprechenden Säule anhand eines roten Lichts angezeigt werden. Bislang gibt es dort nur zwei Leuchtsignale zu sehen: Grünes Licht heißt die Säule ist bereit zum Aufladen und an dem blauen Licht erkennt man, dass gerade ein Ladestecker eingesteckt ist.

Die Stromtankstellen in Insingen und Wettringen werden bereits in Navigationssystemen und Mobiltelefon-Anwendungen angezeigt. Sie sind zudem in den Ladeverbund „Franken+“ integriert, einer Kooperation von derzeit 18 Stadtwerken in Nordbayern, deren Gründungsmitglied die N-Ergie ist. Für alle dort eingebrachten Ladesäulen wird im Laufe des Jahres 2016 ein einheitliches Bezahlsystem ausgestaltet und eingeführt werden. Allein heuer plant das Unternehmen 50 bis 60 Ladesäulen aufzustellen, so Ulrich Lell, Ansprechpartner für Elektromobilität bei der N-Ergie und fügt hinzu: „Als regionaler Energieversorger möchten wir das Zukunftsthema Elektromobilität gemeinsam mit den Kommunen in der Region vorantreiben.“

Damit die Gemeinde- und Bürgervertreter auch wissen, was es mit der Elektromobilität und insbesondere dem Ladevorgang wirklich auf sich hat, stellt ihnen der Energieversorger für ihre Dienstfahrten jeweils zwei Wochen lang ein umweltfreundliches, rein elektrisches Auto zur Verfügung. mes


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