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Fernöstlicher Grauschleier

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Doerfler-Galerie bietet Einblicke in die Besonderheit asiatischer Kunst

SCHILLINGSFÜRST – Zeitgenössische asiatische Kunst im Haus der Heimat: Hai Yan Waldmann-Wang, Leiterin der Doerfler-Galerie, hat eine ganz besondere Ausstellung nach Schillingsfürst geholt. Die drei Künstler aus China, Japan und Taiwan gewinnen in ihrer Heimat zunehmend an Bedeutung. Ihre Werke werden für teilweise bis zu mehreren zehntausend Euro gehandelt. Einer von ihnen, Cen Long, ist zudem so etwas wie ein „Bruder im Geiste“ von Ludwig Doerfler.

Hai Yan Waldmann-Wang freut sich, die besonderen Bilder in der Doerfler-Galerie zeigen zu können.  Fotos: Scheuenstuhl

Hai Yan Waldmann-Wang freut sich, die besonderen Bilder in der Doerfler-Galerie zeigen zu können. Fotos: Scheuenstuhl

Wer glühender Verehrer der farbintensiven Pop-Art ist, wird sich mit dieser Ausstellung vielleicht etwas schwer tun. Es lohnt aber allemal, sich einmal gezielt auf eine neue künstlerische Welt einzulassen. Die Werke, die auf den ersten Blick aufgrund ihrer überwiegend in Grau gehaltenen Farbgebung scheinbar melancholisch wirken, entfalten erst beim bewussten Betrachten ihre einnehmende Wirkung.

Denn die vermeintlich düsteren Grautöne sind mit Gelb angemischt, erklärt Hai Yan Waldmann-Wang. Die „Farbe der Hoffnung“ wirkt wie eine aufhellende Ergänzung. Cen Longs Werke sollen nicht herunterziehen, denn er sei „nicht hoffnungslos der Welt gegenüber“, erklärt die Museumsleiterin.

Gerade zwischen ihm und dem Namensgeber der Galerie besteht eine gewisse künstlerische Verbindung. Das Hauptthema in Cen Longs Werken sind bäuerliche Szenerien, das einfache Landleben – genau wie bei Ludwig Doerfler. Der studierte Künstler aus China erfreut sich vor allem in Taiwan großer Beliebtheit. Sein Werk „Ghichak“ ist mit 80000 Euro beziffert. „Der Kunstmarkt in Asien boomt gerade“, erklärt Hai Yan Waldmann-Wang. Gemälde werden dort, im Gegensatz zu Immobilien, als sichere Geldanlage gesehen. In Taiwan und Hongkong stehen besonders ukrainische Ölgemälde wegen ihrer Farben, Motive und dem Preis-Leistung-Verhältnis hoch im Kurs.

Cen Long ist 1957 in Lyon geboren und stammt aus einer Intellektuellen-Familie. Unter Mao Zedong wurden seine Eltern verfolgt. Der kleine Cen Long erlebte dadurch eine eher unglückliche Kindheit. Diese negativen Erfahrungen und der Einfluss aus Europa führten dazu, dass Cen Long sich intensiv mit Philosophie (Stichwort Freiheit) auseinandersetzte. Gerade auch die alten chinesischen Weisheiten greift er in seinen Werken auf. Zudem ist er oft in den autonomen Gebieten Chinas unterwegs und bannt die dortigen Lebensweisen auf Leinwand. „Das Grau in seinen Werken wirkt nicht grausam, sondern zeigt ein elegantes Landleben“, betont Hai Yan Waldmann-Wang.

Autonomes Repertoire

Der große Auftritt und ein Hervorheben seiner eigenen Person sind überhaupt nicht seine Welt. Er malt nicht übermäßig viel, dafür aber immer in beachtlicher Qualität. Er hat ein autonomes und ausgeglichenes Repertoire an Werken erschaffen, da er sich nicht dem gleichförmigen Geschmack der Massen andient.

Auffallend bei Cen Long ist die Mischung aus großen, kräftigen und gefühlvollen Pinselstrichen. Er könne sehr gut Lebendigkeit ausdrücken, schwärmt Hai Yan Waldmann-Wang, vor allem bei menschlichen Bewegungen. Die Gesichter, die er malt, sind nicht auf Schönheit bedacht, teilweise sind sie überhaupt nicht akzentuiert, sondern nur angedeutet. Und dennoch schafft es der Künstler, ein entsprechendes Gefühl zu vermitteln. „Cen Long malt Seelen“, bringt es die ebenfalls aus China stammende Museumsleiterin auf den Punkt.

Dass das „Trio Expressionistischer Malerei“ – so der Titel der Ausstellung – überhaupt auf der Frankenhöhe zu sehen ist, ist der Kunstmesse „Art.Fair“ in Köln zu verdanken. Kunstmanagerin und Verlegerin Metra Lin stellte dort unter anderem Werke von Cen Long, Yasuko Hayashi und Chiu Dong aus.

Geschmack getroffen

Sie traf damit genau den Geschmack der hiesigen Museumsleiterin, die sich dort nach neuen Künstlern umschaute. Hai Yan Waldmann-Wang legt nach eigener Aussage großen Wert darauf, derartige außergewöhnliche Werke regelmäßig auch den Besuchern der Doerfler-Galerie zugänglich zu machen.

Managerin Metra Lin ließ es sich nicht nehmen vor einer Zusage die Örtlichkeiten in Schillingsfürst in Augenschein zu nehmen. Das Museum befand sie als „hervorragend“ für die Ausstellung. Besonders die lichtdurchfluteten Räume und der Schwerpunkt der Einrichtung auf Gemälde bewogen sie, die Werke ihrer Schützlinge Hai Yan Waldmann-Wang anzuvertrauen.

Ganz eigene Herangehensweise: Mit Mineralfarben bemaltes Papier wird auf Leinwand geklebt.

Ganz eigene Herangehensweise: Mit Mineralfarben bemaltes Papier wird auf Leinwand geklebt.

Neben Cen Long mit seinem figürlichen Stil vervollständigen Yasuko Hayashi aus Japan und Chiu Duo das expressionistische Trio mit abstrakter Malerei. Alle drei Künstler durchliefen eine akademische Kunstausbildung und vertreten die zeitgenössische Kunst des asiatischen Raums. Die 42-jährige Yasuko Hayashi bedient sich für ihre Werke bei der typisch asiatischen Tuschemalerei. Allerdings in moderner Form.

Auf Leinwand geklebt

Mit sogenannten Mineralfarben kreiert sie abstrakte Motive wie eine in rotes Licht getauchte Landschaft oder „Chausseebäume im Winter“ auf Papier, das anschließend auf eine Leinwand geklebt wird. Per Stempel wird ihre Signatur dem Werk aufgedrückt, aber nur wenn es nicht vom Eigentlichen ablenkt. Klassisch gehören auf ein asiatisches Kunstwerk Gedicht, Widmung, Kalligraphie und ein Stempel, erklärt Hai Yan Waldmann-Wang. Yasuko Hayashis Gemälde seien immer schnell verkauft, es gebe sogar eine Warteliste. Von 2004 bis 2006 reiste sie durch Europa, wodurch ihre späteren Werke stark beeinflusst wurde.

Noch nicht ganz so etabliert ist Chiu Dou, ein junger, aufstrebender Künstler aus Taiwan. Der 34-Jährige kann auf eine beachtliche Anzahl an Solo-Ausstellungen zurückblicken. Auch seine Werke bringen den Betrachter durch ihre abstrakten Motive und die reduzierte Farbwahl – das zweiteilige Bild „Feuer“ ist etwa ganz in Schwarz und Grau gehalten – zum Nachdenken. mes

Die Ausstellung „Das Trio Expressionistischer Malerei – Orientale Gedanken und Konzepte“ ist noch bis zum 7. August in der Ludwig-Doerfler-Galerie zu sehen. Geöffnet ist das Museum Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 18 Uhr.


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