Zehn Tage und 1000 Kilometer mit dem Traktor unterwegs
GAILNAU – Was veranlasst zehn gestandene Männer und eine Frau, im reifen Alter, mit einem Oldtimer-Traktor rund 1000 Kilometer für eine Fahrt bis zum Großglockner in Österreich zurück zu legen? Die Antwort der Beteiligten, darunter Gerhard Probst (70) aus Gailnau, klingt einfach: Es sind die Leidenschaft, der Spaßfaktor sowie die Kameradschaft, die elf Mitglieder der Grenzland-Schlepperfreunde aus dem bayerisch/baden-württembergischen Grenzgebiet zusammen mit ihren Maschinen ins Kaprungebiet gebracht hat.

Im Kaprungebiet gab es einen Halt vor der Großglockner-Hochalpenstraße (4. von links: Gerhard Probst aus Gailnau). Foto: privat
Herbert Thalheimer (68) aus Kreßberg hat diese Reise bereits zum zehnten Mal auf sich genommen. Er tritt auch kommenden Sonntag wieder in Erscheinung, wenn er „sein“ Oldtimer-Grenzlandtreffen erneut in Gumpenweiler ausrichtet. Der Schnelldorfer Ortsteil war jetzt auch Ausgangspunkt für die zehntägige Tour nach Österreich. Während die Berge für Thalheimer eine Art „Seelennahrung“ darstellen, hatten einige seiner Mitstreiter letztes Jahr bei einer Ausfahrt zum Stilfser Joch in Italien Freude daran gefunden und waren dieses Jahr erneut dabei.
„Vom Traktor aus hat man viel mehr Zeit, sich die Bergwelt in Ruhe anzusehen“, meint dagegen der 52-jährige Bernhard Hoffmann aus Leukershausen. Auch gingen die Leute überall ganz interessiert und offen auf die Oldtimer-Fahrer zu, wie die Beteiligten unisono erklärten. Vor etwa zwei Wochen waren sie zu Beginn des Wochenendes von Gumpenweiler aus aufgebrochen.
Über Zwischenstationen in Zell bei Neuburg an der Donau und bei Traunstein erreichten sie bereits am dritten Tag und nach rund 385 Kilometern das Kaprungebiet. Ein technischer Defekt an einem Traktor kurz vor Lofer machte ein Abschleppen bis ins Zielgebiet notwendig. Am Sonntagnachmittag wurde dann eingecheckt, galt es doch am Abend bei der feierlichen Eröffnung der 10. Schlepper-Olympiade mit dabei zu sein. Das Entzünden eines obligatorischen Olympischen Feuers sollte der Veranstaltung ein wenig Glanz verleihen.
Tags darauf unternahm man mit insgesamt 53 Traktoren in einer Gruppe eine Testfahrt auf den so genannten Maiskogel zu einer dortigen Almwirtschaft; teilweise über Schotterpisten. Von dort zurückgekehrt, musste am Nachmittag die defekte Lichtmaschine des abgeschleppten Traktors in einem Lagerhaus repariert werden. Nach einer täglichen Schlussbesprechung verweilte man jeweils in einem Vier-Sterne-Hotel in Kaprun, in dem ein liebevoll gestaltetes Oldtimer-Museum untergebracht war.
Am zweiten Tag in Kaprun stand ein Wettbewerb in verschiedenen Klassen auf dem Programm. Von Ferleiten ging es über 14 Kilometer bis zum Fuscher Törl und weiter bis zur auf einer Höhe von 2571 Meter hoch gelegenen Edelweißspitze. Hier ging es nicht um Geschwindigkeit: „Dabeisein ist alles“ war das Motto. Im Anschluss besuchte die Gruppe die Wallfahrtskirche bei Heiligenblut, wie Gerhard Probst (70) aus Gailnau hinzufügte.
Mitte der Woche war die Kapruner Staumauer das Ziel, welches man nach einer Traktorfahrt bis zur Talstation im weiteren Verlauf mit dem Bus oder dem Schrägaufzug erreichte. Dort konnte man eine Almkäserei in Augenschein nehmen, wie Werner Metzger aus Haundorf (68) erzählte. Am Donnerstag der Aufenthaltswoche fuhr man bis zur Talstation des Kitzsteinhorns (3029 Meter). Neben einer herrlichen Aussicht und einer Besichtigung des Kaprun-Kraftwerks stand dort ein Besuch der Gedenkstätte des Brandunglücks vom November 2000 mit 153 Toten auf dem Programm.
Noch am Abend fand dann die Siegerehrung der Traktorwettfahrt vom Dienstag auf dem Programm, bei der jeder Teilnehmer eine Urkunde erhielt. Schon am Freitag hieß es wieder Abschied nehmen. Doch erst nach einer Segnung von Schlepper und Fahrer und einer kurzen Andacht durch einen katholischen Diakon durfte sich die illustre fränkisch-hohenlohische Reisegruppe bei wolkenbruchartigem Regen auf die Heimreise machen.
Hatte man die ganze Woche über schönes Wetter gehabt, so goss es jetzt in Strömen, bis das bayerische Inzell erreicht war. Von dort konnte die Rückkehr bei trockenem Wetter stattfinden und in Wittelshofen am Hesselberg kam man am letzten Tag zu einer letzten Einkehr zusammen. Kurz zuvor war in Wemding ausgerechnet das einzige österreichische Fabrikat bei der Marathonausfahrt, ein „Lindner“, wegen eines Risses der Einspritzleitung liegen geblieben.
Doch die letzten 40 von insgesamt rund 1000 Kilometern konnte abgeschleppt werden und so erreichte man am vergangenen Sonntagnachmittag gegen 16 Uhr den Ausgangspunkt in Gumpenweiler. Eine gewisse Reisemüdigkeit war nur wenige Tage später bei den Protagonisten nicht mehr auszumachen, laufen doch schon jetzt die Planungen für eine erneute Ausfahrt auf das Stilfser Joch im Juni des kommenden Jahres. hm