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Channel: Das Umland – Fränkischer Anzeiger
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Behutsam instand setzen

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Frankfurter Stuckateur nimmt sich des Binzwanger „Schlösslas“ an

BINZWANGEN – Sie war mal weiß, jetzt hat sie eher einen  gräulich-vermoosten Farbton angenommen: die Fassade des „Schlössla“ in  Binzwangen bei Colmberg. Durch zersplitterte Fensterscheiben weht der  Wind, nur vereinzelt halten sich Fensterläden an ihren Scharnieren fest.  In ein paar Jahren soll das ganz anders aussehen. Das hat sich Tobias Meinecke vorgenommen. Der Frankfurter kauft das Haus – und will einziehen.

Mitten in Binzwangen steht das „Schlössla“. Seit Jahrzehnten  ist das Gebäude unbewohnt – jetzt will  es ein Frankfurter sanieren, um darin zu wohnen. Foto: Kleinschrot

Mitten in Binzwangen steht das „Schlössla“. Seit Jahrzehnten ist das Gebäude unbewohnt – jetzt will es ein Frankfurter sanieren, um darin zu wohnen. Foto: Kleinschrot

„Ja, wie kommt einer von Frankfurt nach Binzwangen? Das kann schon passieren“, erzählt der 46 Jahre alte Stuckateur. „Irgendwas auf dem Land“ wollte er für sich, irgendetwas, wo er sich verwirklichen und Ruhe finden kann. Und in Fahrweite zu seiner Arbeitsstelle in Frankfurt sollte sein neues Heim sein. „Das hat so nicht geklappt. Aber ich habe mich dem Gebäude ein bisschen verpflichtet gefühlt.“ Wegen des schlechten Zustands, aber auch aufgrund der Lage. Denn der ehemalige Garten wurde abgeteilt, heute ist er zum großen Teil asphaltiert und wird landwirtschaftlich genutzt. Geblieben ist ein schmaler Streifen. „So ein Grundstück kauft ja eigentlich keiner“, sagt Meinecke lachend. Er tut es – „überwältigt durch weitgehend bauzeitlich erhaltene Ausstattung“.

Potenzial gesehen

Eine Suche im Internet spuckte das „Schlössla“ aus, und der Frankfurter hat das Potenzial gesehen. Er verhandelte mit den Erben des Eigentümers. Bereits im vergangenen November hat er den notariellen Kaufvertrag unterschrieben, „in Kürze“ wird der Frankfurter juristischer Eigentümer sein. Etwa 7000 Euro hat er für Grundstück und Gebäude ausgegeben. Keine hohe Summe, doch das Sanieren werde ihn mehrere Hunderttausend Euro kosten, schätzt er. „Ich rechne mit bis zu 600 000 Euro.“ Hilfe bekommt er durch Förderungen, unter anderem vom Landesamt für Denkmalpflege.

Doch bislang ist nicht viel passiert. Das herrschaftliche Gebäude liegt immer noch wie ein Mahnmal zwischen den rausgeputzten Binz-wanger Häuschen. Eine Außenwand wird gestützt durch starke Holzbalken, Putz und Mauern bröckeln. Das, was vom Garten übrig ist, ist verwildert. Bisher hat Meinecke nur an der alten Holztür etwas verändert: Er hat sie fest verschlossen – und öffnet und schließt sie derzeit mit einem Schraubenzieher. Tritt er ein, muss er aufpassen, nicht über eine der vielen Sicherungen nur wenige Zentimeter über dem Boden zu stolpern. Sie halten die Wände zusammen, sorgen dafür, dass das Haus nicht auseinanderbricht. Denn der Keller ist teilweise abgesackt, was das Haus in eine Schieflage versetzt hat. „Es ist aber nicht einsturzgefährdet.“

In frühestens einem Jahr kann Meinecke mit dem Sanieren beginnen. Bis dahin gelte es noch, „bürokratische Dinge“ abzuwickeln. Dann will er vier bis fünf Jahre lang renovieren. Vieles will der Stuckateur selbst machen, nur die Installation, Dach- sowie Zimmermannsarbeiten vergeben.

Blickt Meinecke in seinem neuen Heim um sich, sieht er neben viel Staub und Dreck alte Holzdecken, eine alte Kochmaschine, vergilbte Einrichtung aus den 1950er und -60er Jahren, Löcher im Boden und in Decken. „Hier ist erstaunlich wenig verändert worden seit der Barockzeit, vor allem im ersten Stock. Doch das muss natürlich alles behutsam instand gesetzt werden“, erklärt er. Auch teilweise verlegte Plastikböden will er entfernen, so dass die originalen Holzdielen wieder zum Vorschein kommen.

Der fehlende Garten macht Tobias Meinecke „nichts aus. Ich komme aus Frankfurt, da sind wir sowieso keine Gärten gewohnt“. Sollte es sich ergeben, würde er vielleicht gerne eine Wiese in oder bei Binzwangen pachten. „Da fahre ich dann einfach mit dem Fahrrad hin.“ Auf dem Streifen vor seinem Haus würde er allerdings gerne noch den einen oder anderen Baum pflanzen. „Apfel oder Nuss, das passt wunderbar.“ clk


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