Zwischen Idyll und Realität – Blick auf ein Lebenswerk
DOMBÜHL – Mit einer Retrospektive im Fränkischen Museum will die Stadt Feuchtwangen den gebürtigen Kloster Sulzer Walter Seidel ehren, der als frei schaffender Künstler in 50 Jahren ein umfangreiches künstlerisches Lebenswerk geschaffen hat.
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Architekturpanorama einer imaginären flämischen Stadt: Ölgemälde von Walter Seidel.
Der 1950 geborene Maler wuchs in Dombühl auf. Kindheit und Jugend auf dem Dorf prägten ihn nachhaltig: „Die ganze Umgebung war von Feldern und Wiesen, kleinen Fußwegen und einem Wiesenbach geprägt und wurde ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Die Ansicht von Kloster Sulz, welche sich von meinem Elternhaus bot, war mit seinem geschlossenem, in Jahrhunderten gewachsenen Ortsbild mit der großen gotischen Klosterkirche von einzigartiger Schönheit. Diese Eindrücke haben seit meiner frühen Kindheit meine Vorstellung von der Welt, von Schönheit und Harmonie geprägt und sind bis heute zu einem unverrückbaren Maßstab geworden.“
Bereits in jungen Jahren war Walter Seidel empfänglich für Geschichte und für den Reiz historischer Gebäude. Dazu zählte das stattliche großelterliche Haus „mit seinen altertümlichen Geheimnissen“ in Kloster Sulz. Markgraf Georg Friedrich der Ältere ließ es 1585 als Wildmeisterhaus erbauen.
ln Rothenburg und Ansbach studierte der empfindsame Schüler die Bauwerke der Gotik, deren Formvollendung und Erhabenheit ihn tief beeindruckten. Das filigrane Maßwerk suchte der elfjährige Walter Seidel nachzuvollziehen, indem er aus Papier Kirchenbauten mit ausgeschnittenen Maßwerkfenstern, mit Dreipässen, Vierpässen, mit durchbrochenen Turmhelmen und Strebepfeilern fertigte. Die Kunst der alten Meister beeinflusste ihn maßgeblich, insbesondere die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Seine berufliche Bildung erwarb er zunächst in der Teppichweberei Feuchtwangen als Musterzeichner-Patroneur. Ab 1969 studierte er Design für Webwaren am staatlichen Technikum für Textilindustrie in Reutlingen.
Bereits mit 24 Jahren machte er sich als bildender Künstler selbstständig. Seine bevorzugten Techniken sind Öl auf Leinwand und Gouache. Komplexe Kompositionen bereitet er detailliert vor, mit Bleistift- oder Federzeichnungen sowie mit Aquarellen. Seine Malerei „alla natura“ umfasst die Natur in ihrer Vergänglichkeit, Feldblumen, Landschaften, Stadtansichten, Marktplätze, historische Küchen und Interieurs, Apotheken, Kunstkammern, Miniaturen und phantastische Weiten. Walter Seidel lebt und arbeitet heute in Aschaffenburg. Auch in Dombühl besitzt er ein Atelier. Ausstellungen seiner Werke waren bereits in Frankfurt, Köln, Aschaffenburg, Mainz, Würzburg, in Luxemburg und in Cannes zu sehen. Die Sonderausstellung in Feuchtwangen wird am Freitag 14. September um 18 Uhr eröffnet. sk