Albanische Familie Prendi wird nach acht Monaten in Geslau abgeschoben
GESLAU – Nach acht Monaten in Deutschland wird die in Geslau untergekommene albanische Flüchtlingsfamilie Prendi wieder in ihr Herkunftsland Albanien abgeschoben. Was das Gesetz vorschreibt bricht nicht nur der Familie selbst, sondern auch vielen Gemeindegliedern das Herz.
Drei Kerzen stehen in der Mitte des Frühstückstisches, den Irena Prendi liebevoll hergerichtet hat. Sie serviert Kaffee, Tee, selbst gebackene Brötchen, Wurst, Aufstrich und eine Auswahl bunter Weihnachtsplätzchen. Die ganze Familie sitzt mit am Tisch, die 25-jährige Familienmutter, ihr Mann Kujtim Prendi, deren dreijährige Tochter Klerisa und Klersi, der siebenjährige Sohn der Familie.
Auf den ersten Blick könnte man meinen, es sei heile Welt bei der Familie aus Albanien. Doch sorgenfrei am gedeckten Tisch ist jetzt für die Prendis vielleicht noch schwerer vorstellbar als vor einigen Monaten. Im April 2015 ist die vierköpfige Familie aus Albanien nach Deutschland geflüchtet. In der Hoffnung auf ein besseres Leben haben sie alles Hab und Gut im Heimatland zurück gelassen. „Viel war das nicht“, erklärt Irena Prendi. Umgerechnet rund 100 Euro hat die 25-Jährige monatlich durch ihre Arbeit als Näherin verdient. Davon musste die ganze Familie ernährt werden. Da das Einkommen für Miete nicht ausreichend war, pendelten die vier Familienmitglieder zwischen den Häusern der beiden Großelternteile hin und her. Als die albanische Firma, für die Irena tätig war, schließlich bankrott machte, entfiel auch die letzte Existenzsicherung.
„Wir hatten nichts mehr, die Flucht war unsere einzige Hoffnung“, übersetzt Dolmetscherin Florenca Nasto Irenas Worte. In Albanien ahnte man zwar, dass die Chancen auf Asyl in Deutschland gering seien, jedoch sah die Familie in der Flucht ihren letzten Ausweg. Nach den ersten Wochen im Auffanglager Roth kamen die vier Albaner schließlich nach Geslau. Das sei ein Glücksfall für sie gewesen, berichtet Dolmetscherin Florenca Nasto. Aus Erfahrung durch ihre ehrenamtliche Dolmetscher-Tätigkeit weiß die gebürtige Albanerin, dass es längst nicht überall so harmonisch zugeht, wie in der kleinen Gemeinde.
Auch Irenas Augen strahlen, wenn sie über die Zeit in Geslau berichtet. Die Dorfgemeinschaft und die Freiwilligen des Asylkreises, die momentan 28 Asylbewerber betreuen, hätten sie sofort aufgenommen und ihr bei allen Aufgaben und Herausforderungen geholfen. Irena und Kujtim könnten in Deutschland einen Job finden, ist sich Helga Ruhnow sicher. „Beide wollen arbeiten und Irena ist eine tolle Näherin“, erzählt die ehrenamtliche Flüchtlingsbetreuerin.
Dies hat Irena am Weihnachtsmarkt in Geslau auch schon unter Beweis stellen können. Dort wurden die selbst genähten Taschen und Schürzen der 25-jährigen Albanerin verkauft. „Das Problem sind die Arbeitsregelungen, keiner unserer Flüchtlinge nimmt gerne Geld vom Amt an“, sagt Helga Ruhnow. „Mit dem Wort Wirtschaftsflüchtling verbinden die Menschen so viel Negatives und verstehen gar nicht, wie viel Leid hinter all dem steht“, so die Geslauerin.
Die ernüchternde Gewissheit zeigt sich spätestens im November, als in Geslau der entscheidende Brief ankommt. Wie erwartet handelt es sich um einen Abschiebungsbescheid. Familie Prendi muss Deutschland verlassen.
„Wir haben selten so viele Taschentücher verbraucht“, erinnert sich Karen Schwemmbauer, ehrenamtliche Flüchtlingshelferin aus der Gemeinde Geslau. „Wir wussten nicht, wie schnell die Abschiebung vollzogen werden würde, deshalb haben wir noch am Tag des Amtstermins eine kirchliche Segnung und eine Abschiedsfeier organisiert.“
Stolz zeigt auch der siebenjährige Klersi den Fußball, den er von seiner Grundschulklasse geschenkt bekommen hat. Alle Klassenkameraden haben darauf unterschrieben. Wegen einer dringenden Zahnoperation, die bei dem Erstklässler fällig war und durchgeführt werden musste, haben die Prendis Weihnachten noch in Deutschland verbringen dürfen. Auch über Silvester wurde die Ausweisung noch aufgeschoben. Am siebten Januar heißt es dann jedoch endgültig Abschied nehmen.
Durch den Aufschub geht für den siebenjährigen Klersi zusätzlich noch ein großer Wunsch in Erfüllung. Der Erstklässler kann in Deutschland zum ersten Mal einen richtigen Geburtstag mit Geschenken und mit allem Drum und Dran feiern. „Unsere einzige Hoffnung ist, dass wir wieder nach Deutschland kommen können“, sagt Kujtim, „dann mit einem festen Job und einem Arbeitsvisum.“
An diese Hoffnung klammert sich Familie Prendi, denn in Albanien steht die Familie nun vor einem größeren Nichts als zuvor. Wie es dort weiter geht, wissen sie nicht, doch sie sind dankbar für die großartige Zeit in Geslau und hoffen, eines Tages zurückkehren zu können. all