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Mit vinologischer Grätsche

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„Wild und Wein“ diesmal mit einem Tropfen aus dem US-Staat Washington

TAUBERZELL – Nicht nur auf den Tropfen aus eigenen Lagen lenkt Tauberzell in diesem Jahr die Aufmerksamkeit der Weintrinker. Mit dem „Shiraz“ aus dem US-Staat Washington ergänzte bei „Wild und Wein“ erstmals ein weitgereister „Import“ die heimische Palette. Eine Verkostung am 18. März wird den Blick der Weinfreunde weiter öffnen, auch nach Israel und in den Libanon.

Um jetzt keinen falschen Eindruck zu erwecken: Natürlich lag der Akzent bei der traditionellen Begegnung von den Gaumen umschmeichelndem Wein mit schmackhaften Verlockungen aus bester Küche im rustikalen Ambiente der vollbesetzten „Falken“-Scheune auch diesmal bei den Erzeugnissen aus heimischen Hängen, Wäldern und Gewässern. Aber die Premiere mit dem Tropfen aus der Weinbauregion über dem großen Teich war denkwürdig und sorgte durchaus für ein kleines Ausrufezeichen. Mit Hermann Schneider, Altbürgermeister und Ehrenvorsitzender des örtlichen Heimat- und Weinbauvereins, öffnete dem Wein und seiner Herkunftsregion ein ausgewiesener USA-Kenner die Tür, der als Pionier des Tauberzeller Weinbaus der Gegenwart für diese vinologische Grätsche unangefochten erscheint.

Volles Haus in der Scheune zeigt, wie beliebt die kulinarische Reihe in Tauberzell nach wie vor ist. Fotos: Weber

Volles Haus in der Scheune zeigt, wie beliebt die kulinarische Reihe in Tauberzell nach wie vor ist. Fotos: Weber

Im Handumdrehen räumte er bei seiner Präsentation mit ein paar Vorurteilen auf. Der Staat Washington liegt, anders als man das wegen seines an die Hauptstadt im Osten erinnernden Namens vermuten sollte, im äußersten Nordwesten des großen Landes, im Norden an Kanada grenzend, im Westen an den Pazifik und im Süden an Oregon. In herrlicher Landschaft mit Erhebungen über 4000 Meter („und den zwei schönsten Bergen, die ich kenne“) gibt es dort Passagen, die an Garmisch erinnern. An Flüssen wie dem Columbia liegen auch ausgedehnte Weinhänge: „Man meint, man ist am Rhein.“ Dort wird auf großen Flächen jener Shiraz angebaut, eine Kreuzung aus zwei alten französischen Rebsorten. Wegen ihrer Ertragsschwäche wird die Traube, deren Weine im Fruchtton nach schwarzer Kirsche, Himbeere und Brombeere erinnern, bei uns nicht angebaut. Aber die Winzer über dem großen Teich schätzen sie. Sie zaubern aus ihr einen ausgezeichneten Tropfen mit einem Alkoholgehalt von fast 14 Prozent und einer Säure von 6 bis 7 Prozent (was ihn mit den Jahren in der Flasche immer besser werden lässt).

Die Genießer durften an diesem Abend einen genießen, der (solch exakte Zuordnung sucht man auf unseren Flaschen vergeblich) am 3. Oktober 2009 gelesen worden war. Die Geschmacksknospen hatten sich bis dahin längst warmgetanzt und konnten sich daran freuen. Aufs Feinschmecker-Parkett waren sie mit einem Scheurebe-Sekt der Sektmanufaktur Hasenstein aus Gickelhausen geschickt worden. Wie bei den fünf anderen Tropfen heimischer Winzer, gab es dazu sozusagen als Polonaise ­ein kurzes Porträt in Worten.

Albert Hasenstein beschrieb den Sekt mit seinen 14 Prozent Alkoholgehalt als körperreich und nachhaltig, ein Jahr auf Hefe gelegen, mit Aromen von Honigmelone, Mango und Zitrone, reifer Orange, Anis und schwarzer Johannisbeere. Fürstlich mundete dazu die Terrine vom Reh mit Apfel-Sellerie-Salat. Ein feines Gespann zeigte sich bei dem von Stephan Krämer präsentierten, an einen frischen Riesling erinnernden Johanniter aus eigenem ökologischen Weinbau in Auernhofen und dem Waldpilzsüppchen mit wildem Strudel.

Die Jagdhornbläser geben Signal und lassen damit aufhorchen im rustikalen Ambiente.

Die Jagdhornbläser geben Signal und lassen damit aufhorchen im rustikalen Ambiente.

Als Hobbywinzerin bezeichnete sich Sonja Ott aus Großharbach. Bei ihrem schön vergorenen, fruchtigen und etwas geheimnisvollen Bacchus, der zur Habelseer Lachsforelle mit Roter Beete und Meerrettichschaum kredenzt wurde, stellt sich das als pure Untertreibung heraus. Zum vorzüglich zubereiteten Wildschweinbraten mit Böhmischen Klößen und Preiselbeer-Birne auf Blaukraut aus der Küche des „Falken“ mit Lars Zwick an der Spitze, entfaltete der Silvaner Best of 2014 des Winzerhofs Stahl aus Auernhofen seine Qualitäten. Albrecht Stahl hatte nicht zu viel versprochen: Hier setzten ein breites Spektrum an Beerenaromen und ausgewogene Säure bei gleichzeitig fränkisch trockenem Ausbau angenehme Akzente.

Seinem „Ausflug über den großen Teich“ ließ Hermann Schneider bei seiner Präsentation als Schlusspunkt unter einen kulinarischen Abend der Regionalität mit importierten i-Pünktchen einen heimischen Tropfen folgen, der mit seiner Süße auch vor dem herrlichen Dessert (Marillenknödel mit Bauernhof-Eis in Bestform) nicht in die Knie ging: eine 2014er Bacchus-Spätlese der Winzergemeinschaft Franken.

Zufrieden durfte Weinprinzessin Lena I. an dem Abend feststellen: „An keinem anderen Fleck weit und breit geht heimisches Wild und hei­mischer Wein eine solch glückliche Verbindung ein wie in den sonnigen und steilen Lagen von Tauberzell.“ Jagdhornklänge unterstrichen das. Bläser der Jägerver­einigung Rothenburg ließen Signale wie „Sammeln der Jäger“, „Begrüßung“, „Reh tot“, „Hase tot“, Flugwild tot“ und „Zum Essen“ ertönen.

Draußen wirbelten derweil die Schneeflocken. Sauwetter mochte der eine oder andere finden. Jäger wünschen sich gerade solches Sauwetter, merkte Adelshofens Bürgermeister Johannes Schneider als Vorsitzender der – neben „Falken“, Heimat- und Weinbauverein Tauberzell sowie Gemeinde Adelshofen – mitveranstaltenden Jägervereinigung an. Dabei ließe sich nämlich den bekanntlich „sehr intelligenten“ Wildschweinen besser als sonst auf die Fährte kommen. Für die derzeit laufenden Treibjagden, wie sie ganz aktuell in Tauberscheckenbach erfolgreich waren, stimmten die Vorzeichen. Er lud dazu ein, Wild zu genießen, dafür zu werben und es selbst zu kaufen und zuzubereiten.

Was sich in einer einerseits auf Regionalität und Saisonalität geeichte, ihr aber andererseits auch nicht zu dogmatisch verpflichtete Küche aus Reh, Wildschwein, Wildhase, Ente und Co. an lukullischen Köstlichkeiten zaubern lässt, bewies ein weiteres Mal in bester Manier Lars Zwick. Der verdiente Applaus der Feinschmecker galt ihm und seinem gesamten Team, das sich am Ende geschlossen präsentierte.

Bei einem Quiz waren Weinkenntnisse und Wissen aus der Jagd gefragt. Es gab Regionales zu gewinnen vom schönen Wildschweinstück zum Braten, über eine Sektverkostung bis zum Honig. Die „Tauberzeller Fränkische Blasmusik“ begleitete aus dem Heuboden der Scheune den Feinschmeckerabend mit unterhaltenden Klängen. Hermann Schneider schickte die Weinfreunde mit einer Überraschung nach Hause. Er kündigte für den nächsten Abend mit heimischem Wein in Tauberzell eine weitere Grätsche auf dem Globus an. Am Freitag, 18. März, gibt es bei der Verkostung ab 19.30 Uhr im „Falken“ auch Tropfen aus Israel und aus dem Libanon zu probieren. -ww-


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