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Channel: Das Umland – Fränkischer Anzeiger
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Ortsbildprägend

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Den gewachsenen Dorfcharakter erhalten

ROTHENBURG LAND – Die Auswirkungen einer immer älter werdenden Gesellschaft, die wirtschaftlichen Strukturveränderungen und die sich ändernden Ansprüche an das Wohnen und Arbeiten, die Freizeitgestaltung und Mobilität sollten nicht nur als Schreckgespenst verstanden werden. Die Herausforderungen bieten auch Chancen für eine zukunftsfähige Entwicklung.

Auch Zusammenhalt prägt den Dorfcharakter. Cadolzhofen ist ein schönes Beispiel für gelungenes Bestreben, historische Bauten in angemessener Art und Weise behutsam an heutige Anforderungen anzupassen. Für jedes Dorf ist wichtig, seine Geschichte, seine Strukturen und seine Besonderheiten zu kennen, um darauf aufbauend die Potenziale zu entwickeln. Das Wissen und Kennen der historischen, wirtschaftlichen und sozialen Besonderheiten bietet Raum für Kommunikation und sorgsames Handeln.

Leben auf dem Land: Die 100-Einwohner-Ortschaft Cadolzhofen pflegt und bewahrt ihren schönen Dorfcharakter mit Fachwerk- und Sandsteinhäusern, hergerichteten Scheunen und umgenutzten Ställen. Fotos: Schäfer

Leben auf dem Land: Die 100-Einwohner-Ortschaft Cadolzhofen pflegt und bewahrt ihren schönen Dorfcharakter mit Fachwerk- und Sandsteinhäusern, hergerichteten Scheunen und umgenutzten Ställen. Fotos: Schäfer

Die Umnutzung von Gebäuden ist auch ein sozialer Prozess: Durch sie wird es möglich, das Heimatbewusstsein zu stärken, regionale Baukultur und die historisch überlieferte Siedlungsstruktur zu erkennen und zu bewahren. Die mehrheitlich getroffene Entscheidung des Windelsbacher Gemeinderates, dem die früher politisch eigenständige Ge­meinde Cadolzhofen seit der Gebietsreform 1978 untersteht, die ortsbildprägende Ge­meindescheune zu erhalten, war ein wichtiges Signal. Die beeindruckende Fachwerkkonstruktion ist ein außergewöhnlicher Hingucker. Die Alternative zur Sanierung wäre der Abriss gewesen und hätte den Verlust eines Stücks Geschichte, eines Stücks regionaler Eigenart und eines Stücks der Attraktivität des ländlichen Raumes bedeutet.

Im Rahmen der Dorferneuerung wurden Dach und Fassade saniert – mit engagierter Unterstützung der Dorfbewohner und des gemeindlichen Bauhofes. Für den Erhalt der regionalen Baukultur gehörte die Gemeinde zu den Gewinnern des Rothenburger Sparkassen-Förderpreises. Bürgermeister Alfred Wolz nahm die Prämie in Höhe von tausend Euro kürzlich entgegen und freute sich über die Auszeichnung. Für den Steilsatteldachbau mit reichem Fachwerk fand sich eine Mehrfachnutzung. Die Gemeinde hat die Scheune teilweise verpachtet und belegt selbst ein größeres Abteil zum Unterstellen der Weihnachtsmarktbuden oder anderer Sachen. Die Scheune steht in einem schönen und gepflegten Umfeld. Der angrenzende und hergerichtete Dorfweiher diente früher als Feuerlöschteich. Jetzt schwimmt ein Entenhaus in der Wassermitte als sicherer Ort für die gefiederten Bewohner zum Sitzen oder zum Brüten im Frühjahr. Eine Grünfläche mit Baumbewuchs und ein Dorfbrunnen stehen in nächs­ter Nähe zur etwas erhöht gelegenen Heilig-Kreuz-Kirche mit dem Fachwerkläutgeschoss. Seit 1528 ist Cadolzhofen evangelisch und seit 1652 wird die Kirchengemeinde zusammen mit dem Geslauer Ortsteil Stettberg von Binzwangen aus versehen.

Zur typisch, das dörfliche Ortsbild prägenden Struktur des historischen Straßendorfes gehören sehenswerte Fachwerk- und Sandsteinhäuser in landwirtschaftlichen Hofanlagen mit rückwärtigen Wirtschaftsgebäuden. Regional bedeutsame Bauwerke in Sachen Position, Typus und Maßstäblichkeit. Ehemalige Hofstellen, die von den Eigentümern bewohnt und sehr gepflegt werden. Darunter das Gasthaus „Zum grünen Baum“, das Werner Schuster von seinen Großeltern geerbt hat, das Anwesen der Familie Langkammerer und der Besitz der Familie Kraft. Robert Kraft ist gelernter Maler und hat auf seiner Hofstätte die Fassade des über hundert Jahre alten Austragshauses umfassend saniert – ein weiterer Blickfang neben dem schon länger gerichteten und ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert stammenden Haupthaus mit den rotbraunen Fachwerkbalken und den grünen Fensterläden.

In der Ortsmitte: Weiher mit Entenhaus zwischen gemeindeeigener Fachwerkscheune und Gastwirtschaft.

In der Ortsmitte: Weiher mit Entenhaus zwischen gemeindeeigener Fachwerkscheune und Gastwirtschaft.

Die Familie Langkammerer betreibt ein Gewerbe im Ort. Die beiden Brüder, Stefan und Michael, führen das von ihrem Vater gegründete Transportunternehmen fort. Ihr Fuhrpark besteht inzwischen aus vier Lkw zur Beförderung von Mineralfutter für die landwirtschaftliche Nutztierhalter. Der Ältere der beiden Brüder hat das elterliche Anwesen ausgebaut und hübsch gestaltet. Der Jüngere hat die Betriebsaussiedlung mit einem Wohnhaus-Neubau verbunden. Für den auf Cadolzhofener Gemarkung expandierenden Betrieb verrückte die Gemeinde deshalb das Ortsschild um etliche Meter. Weitere ansässige Betriebe sind das Fuhr- und Omnibusunternehmen Hütter, die Spenglerei Streng sowie der Mahl- und Mischdienst Reingruber. Ebenso erfreulich: Werner Schuster, im Hauptberuf bei der Sparkasse Rothenburg beschäftigt, pflegt und belebt die Gastwirtschaft „Zum grünen Baum“. Auf Vorbestellung und nach persönlichen Wünschen werden kalte und warme Speisen angeboten.

In bemitleidenswertem Zustand befindet sich ein ehemaliger Bauernhof am Ortseingang. Das unbewohnte Anwesen verfällt zusehends und ist zu einem Schandfleck für den Ort geworden. Eine auswärtige Frau hat den früheren Wochenendsitz eines Jagdpächters erworben – offenbar mit einem gewissen Unvermögen gegen­über den hohen Anforderungen des Sanierungsbedarfes. Im Schutzbereich des Eigentumsgrundrechts muss die Gemeinde zusehen, wie das Anwesen vergammelt. Ein provisorisch aufgestellter Metallzaun schützt Passanten vor herabstürzenden Gebäudeteilen. Ein altes Gehöft unweit der Gemeindescheune harrt auf seine Fertigstellung. Es wurde in den 70er Jahren teilsaniert. Später gab es einen Besitzerwechsel. Auf längere Sicht sei ein Ausbau zu erwarten, äußerte sich der Bürgermeister hoffnungsvoll für eine den Dorfcharakter erhaltende Weiterentwicklung. sis


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