Stöberhundgruppe Frankenhöhe leistet tierische Unterstützung bei der Jagd
STILZENDORF – Er gilt als typisch deutsch: der Dackel. Dank seines einmaligen Körperbaus ist er prädestiniert dafür, Fuchs und Dachs in ihren engen Bauten aufzuspüren. Aber auch seine höher gewachsenen vierbeinigen Kollegen werden für das Waidwerk zunehmend wichtiger. Seit dem Frühjahr gibt es deshalb die Stöberhundgruppe Frankenhöhe. Die engagierten Hundeführer wollen mit ihren treuen Gefährten bei Jagden helfen, Schwarzwild aus der Reserve zu locken.

Gründungsmitglieder der Stöberhundgruppe (v.l.): Peter Marx, Andreas Mittermeier, Peter Göhringer, Heiko Stettner, Anita Stettner, Volker Albert (es fehlt Sebastian Meixner). Foto: privat
Glitzernd hat sich über Nacht Schnee auf Felder, Wiesen und Wälder gelegt. Deutlich zeichnen sich nun die zwei vorderen Zehen, auch Schalen genannt, und dahinter zwei kleine Abdrücke der Afterklauen in der weißen Schneedecke ab – unverkennbar Wildschweinspuren. Es sind die idealen Bedingungen für die Jagd auf Schwarzkittel, denn beim Ausneuen, also dem Suchen und Abgehen von Fährten und Spuren bei neugefallenem Schnee, führt das Wild praktisch selbst den Jäger zu seinem Versteck.
Da es in unseren Breiten aber immer seltener Perioden gibt, die den Namen Winter auch verdienen, nehmen sogenannte grüne oder auch herbstliche Drückjagden zu. Schließlich kann nicht auf Schnee gewartet werden, um die sich stetig vermehrende Schwarzwild-Population auf einem naturverträglichen Niveau zu halten. Ohne die verräterischen Spuren im Schnee ist es für die Waidmänner nicht mehr ganz so offensichtlich, wo sich das Wild befindet. Ein ausgebildetes Näschen ist hierbei Gold wert.
Wendige Vierbeiner
Aber auch bei Jagden in größerem, unwegsamen Gelände, das mit Schwarzdorn- und Brombeerbüschen natürliche Schutz- und Rückzugsräume für das Wild bietet, haben die wendigen Vierbeiner deutliche Vorteile gegenüber der vermeintlichen Krönung der Schöpfung. „Wenn ich mit den Hunden komme, bewegt sich immer etwas“, meint Heiko Stettner, Vorsitzender der Stöberhundgruppe Frankenhöhe, nicht ganz ohne stolz.
Schon von klein auf hat er sich für das Fährtenlesen interessiert. Eine Falknervorführung im Kölner Zoo weckte in ihm schließlich den Wunsch, selbst einmal einen Greifvogel zu besitzen. Weil dafür aber eine Jägerprüfung nötig ist, absolvierte er 2009 einen entsprechenden Kurs. Dort eignete er sich nicht nur alles Wissenswerte über das Waidwerk an, sondern lernte auch seine jetzige Frau Anita kennen, in deren Familie die Jagd eine große Rolle spielt. So wurde aus dem Möchtegern-Falkner letztlich ein versierter Hundeführer.
Anita brachte Dackeldame Aika mit in die Familie. Ein zweiter, dritter und vierter Hund folgten. Mit den Weimaranern Charly, Dina und Hella ist das Hunderudel vorläufig komplett. Nachdem Heiko Stettner bei einigen Jagden miterlebt hatte, dass die Treiber die Sauen nicht aus den Einständen (Jägersprache für den Rückzugsort des Wilds) herausbekamen, beschloss er die Sache selbst in die Hand zu nehmen.
Zusammen mit anderen Hundeführern gründete er deshalb im Mai dieses Jahres die Stöberhundgruppe Frankenhöhe, die nicht kommerziell ausgerichtet ist. Zwar rücken auf Anfrage die zwei- und vierbeinigen Mitglieder bei Jagden zur Unterstützung an, stellen dies dem Jagdleiter aber nicht in Rechnung. Tragen soll sich der Verein durch Mitgliedsbeiträge und auch Spenden.
Sein vornehmliches Ziel ist es, die nötige Ausrüstung für Mensch und Tier anzuschaffen und sie Hund und Hundeführer für den Einsatz zur Verfügung zu stellen. Neben Verbandskästen gehört zur Standard-Ausrüstung auch schlag- und stichfeste Bekleidung. Denn so eine Sau, die um ihr Leben fürchtet, kann durchaus auch mal zum Gegenangriff übergehen. Beim Menschen kommt man da mitunter auf 1000 Euro, beim Hund schlägt die Schutzmontur mit 600 Euro zu Buche – bei einer Haltbarkeit von etwa zwei Jahren.
An der digitalen Leine
Die auffälligen Farben der Schutzkleidung dienen zur besseren Unterscheidung von Hund und Wild. Gerade über eine gewisse Entfernung hinweg kann beispielsweise der Weimaraner mit einem Reh aufgrund seines typischen silber-, maus- oder eben rehgrauen Fells verwechselt werden. Ein weiteres „Bonbon“ der Gruppe für ihre Mitglieder sind Ortungsgeräte, die den Hunden in die Schutzweste gesteckt werden, um eine glückliche Mensch-Hund-Wiedervereinigung zu garantieren.
Zwar sind die Vierbeiner so abgerichtet, dass sie auf Pfiff zurück zum Hundeführer kommen. Man ist aber mit der digitalen Leine auf der sicheren Seite, falls sich etwa der Hund verletzen sollte und schlicht nicht in der Lage ist zurückzukommen. Aber auch wenn der Sichtkontakt nicht mehr gegeben ist, was bei den sogenannten „Standschnallern“ durchaus vorkommt, denn diese Hunde werden von der Leine gelassen und stöbern selbstständig vor sich hin.

Pflicht erfüllt: Hella hat den Fuchs erschnüffelt und apportiert. Foto: Scheuenstuhl
Das Pendant dazu sind die „Durchgeher“, die in einem Umkreis von 100 bis 200 Meter auf Spurensuche gehen und dabei immer Kontakt zu ihrem Hundeführer halten. Momentan sind in der Stöberhundgruppe Frankenhöhe an Rassen vertreten: Kleine Münsterländer, Kopov, Terrier, Weimaraner, Deutsch-Langhaar, Dackel und Deutsch-Drahthaar. Voraussetzung für die Aufnahme ist der Besitz von Papieren des Jagdgebrauchshundeverbands, was so etwas wie der Personalausweis für den Hund ist. „Es gibt auch gute Hunde ohne diese Papiere“, räumt Heiko Stettner ein, aber auf dieses Kriterium habe man eben als Mitglieder-Standard geeinigt.
Das Wichtigste sei, dass der Hund gut ausgebildet ist. Die Stöberhundgruppe fungiert aber nicht als Hundeschule. Die sogenannte Prüfung zum „brauchbaren Jagdhund“, die Gehorsam, Apportieren und Wasserarbeit umfasst, wird von den Jägern selbst organisiert. Hinzu kommt der Reifeprozess, der durch den Jagderfolg gefördert wird. Deswegen sollte es einem Jagdhund ab und an durchaus als Belohnung erlaubt werden, in ein von ihm verfolgtes Wild hineinzubeißen, nachdem es erlegt wurde.
„Im Grunde werden verschiedene Arbeitsfelder einzelnen Rassen zugeordnet“, erklärt Anita Stettner. Aber mit nur einer Jadgweise allein kann man die vierbeinigen Jagdhelfer nicht mehr auslasten. „Unsere Hunde müssen deshalb alles können“, betont Heiko Stettner. So habe man zwar auch sogenannte Schweißhunde in der Gruppe, das sind Jagdhunde, die darauf spezialisiert sind, krankes (verletztes), schweißendes (blutendes) Wild im Rahmen der Nachsuche, aufzuspüren und zu stellen, also wenn vermutet wird, dass ein angeschossenes Tier das Weite gesucht hat. Doch die „wahren Experten“ auf vier Pfoten für diese besondere Aufgabe findet man in der Schweißhundestation von Florian Petzold.
Das Wohl der Hunde hat für ihre Herrchen stets oberste Prioriät. „Ein guter Hund macht einen guten Jäger und ein guter Jäger macht einen guten Hund“, ist Heiko Stettner überzeugt. Um das Tier nicht ins kalte Wasser zu werfen und gleich in der rauen Wildnis ihre Jagdfähigkeiten auf die Probe zu stellen, gibt es sogenannte Schwarzwildgewöhnungsgatter – in ganz Bayern allerdings nur zwei. Dort kann der erste Kontakt des Hundes mit Sauen gezielt vonstatten gehen.
Einerseits ist es dort eine leichtere oder zumindest weniger gefährliche Jadgsituation für den Hund, weil das Wildschwein weiß, dass es nicht um Leben und Tod geht. Andererseits hat es der Hund aufgrund dieser „Abgebrühtheit“ des Wilds schwerer, es durch Lautgeben in Bewegung zu bringen. mes