Lagerleben des Bauernhaufens erinnert an das Aufbegehren im Bauernkrieg
SCHILLINGSFÜRST – Der Einblick in das Eheleben von Martin Luther und seiner Frau Katharina und darüber hinaus in das Reformationsgeschehen zu Zeiten des Bauernkrieges stand in diesem Jahr im Mittelpunkt eines Gottesdienstes anlässlich des Lagerlebens des Schillingsfürster Bauernhaufens von 1525 auf der Streuobstwiese des Hofgartens unweit des Ludwig-Doerfler-Museums.

Auch Frau greift ab und an zum Schwert. Foto: Meyer
Eben jener Ludwig Doerfler war es gewesen, welcher den historischen Bauernhaufen im Jahr 1958 mit ins Leben gerufen hatte. Daraus hat sich eine Vereinigung entwickelt, welche alljährlich am ersten Wochenende im Juli das Leben aus der Zeit der Bauernaufstände mit viel Aufwand und detailgetreu nachstellt. So auch wieder in diesem Jahr, als aus Anlass des Reformationsjubiläums das Pfarrers-ehepaar Alexandra und Carsten Fürs-tenberg humorvoll und oft mit einem Augenzwinkern in die Rolle des wohl bekanntesten evangelischen Ehepaares geschlüpft war. Das Lagerleben bot das passende historische Ambiente dazu. Es war der letzte Auftritt dieser Art des örtlichen Pfarrersehepaares, welches die Kirchengemeinde Schillingsfürst in absehbarer Zeit verlassen wird. In einer tiefgründigen Auseinandersetzung trat Martin Luther dabei in den Dialog mit seiner Gattin über die Ideale der Reformation, zu denen einige Thesen Luthers wie Brandbeschleuniger für die späteren Bauernkriege gewirkt hatten. Die zweitägige öffentliche Veranstaltung neben dem Kardinalsgarten hatte aber auch ansonsten viel mittelalterliches Auftreten und eine noch beeindruckendere Optik zu bieten. Es waren unruhige und unsensible Zeiten damals. Landsknechte, bewaffnete Bauern, mittelalterliche Handwerker und Marketenderinnen sorgen für ein buntes Bild aus der damaligen Zeit, nah an der Realität. Fechteinlagen, Kanonendonner, Lagerfeuer, kulinarische Besonderheiten und erstmals sogar eine Armenspeisung gaben dem Ganzen eine besondere Note. Kurzum: Es gab viel zu sehen, ohne dass ein Wegzoll entrichtet werden musste.
Mehrmals am Samstag und am Sonntag waren Kanonenschüsse bis weit in die Umgebung hinein zu hören. Die Geschütze und Hakenbüchsen brachten es bis auf ein Kaliber von 80 Millimeter. Kanoniere aus Rothenburg und von den sogenannten „Jaekleinsspießen“ aus Bad Rappenau sorgten im nahen Kardinalsgarten für eine ordnungsgemäße Durchführung gemäß den vorgegebenen Bestimmungen. Auch ein Fackelzug bei Einbruch der Dunkelheit bot ein schummriges, fast mystisches Bild. Als der Reformator Martin Luther vor genau 500 Jahren seine 95 Thesen in Wittenberg anschlug und die Freiheit des Christenmenschen formulierte, meinte er dies eher im übertragenen Sinn. Dennoch war deren Ausführung der fehlende Funke, welcher einen Flächenbrand in ganz Süddeutschland und darüber hinaus entfachte und letztendlich im Bauernkrieg 1524/25 mündete. Das jetzige Lagerleben und das dazugehörige Rahmenprogramm boten dazu nun viele optische Anknüpfungspunkte. Im kommenden Jahr wird der Bauernhaufen Schillingsfürst sein 60-jähriges Bestehen feiern, so Roland Hasselt, selbst Mitglied des Bauernrates. Aus diesem Anlass soll das Lagerleben 2018 mit einem noch vielfältigeren Programm ausgestattet werden. So wird für das nächste Jahr schon jetzt eine Beteiligung von Gauklern und Feuerspuckern in Aussicht gestellt, welche mit einer Jonglage-Einlage und einer Feuer-Show aufwarten werden. hm