Wallfahrtsort macht sich Raum im Umbruch auf kreative Weise zu eigen – Idee der Kulturchefin
STEINSFELD/TELGTE – Frust und Freude liegen dicht beieinander. Die Durchführung einer großangelegten Baumaßnahme in der Innenstadt hat die Kleinstadt Telgte im Münsterland zu künstlerischen Inszenierungen animiert – mit Miniaturmenschen von Preiser.

Alltagssituationen mit Preiser-Miniaturmenschen in der Altstadt inszeniert für den Bauzaun. Foto: Thieringer
Wie lässt sich einer Dauerbaustelle etwas Gutes abgewinnen? Der bekannte Wallfahrtsort in der Nachbarschaft zu Münster muss Kanäle und Versorgungsleitungen erneuern. Der Marktplatz ist von den Bauarbeiten besonders betroffen. Die vielen Gäste der Stadt finden dadurch nicht das gewohnt schöne Bild vor. Bürgermeister Wolfgang Pieper und Verwaltung haben deshalb überlegt, wie sie einen Ausgleich schaffen und die Besucher „umlenken“ können, um ihnen andere sehenswerte Ecken der Stadt zu zeigen. Ohne Baulärm. Simone Thieringer, zuständig für Tourismus und Kultur in der knapp 20 000 Einwohner zählenden Emsstadt, ist neben ihrer beruflichen Tätigkeit auch als Malerin und Fotografin aktiv. Erfahren in Freiluft-Ausstellungen verband sie die beiden Bereiche der Kreativität und der strikten Organisation mit dem Kunstprojekt „Kleinstadtmenschen auf Reisen“. Von einem Besuch im Miniatur-Wunderland vor einigen Jahren kannte sie den Steinsfelder Hersteller von Miniaturfiguren. Im Zusammenhang mit der Minaturfotografie hat Simone Thieringer schon oft, rein privat, mit den Preiser-Figuren gearbeitet. Mit den detailgetreuen Miniaturmenschen lässt sich noch mehr machen, dachte sie. Auf eine ganz besondere Art setzte sie die Minaturfiguren zu kleinen Fotogeschichten in Szene. Die aus dem Modelleisenbahnbau bekannten Figuren platzierte und fotografierte sie in der Stadt, um anschließend als bauzaungroße Planen präsentiert zu werden. Das Kunstprojekt erlebte medienweite Aufmerksamkeit. Auf 20 bauzaungroßen Planen werden kleine (Foto-) Geschichten mit Minaturfiguren erzählt Liebevoll, witzig, skurril oder geheimnisvoll stehen die „Kleinstadtmenschen“ da und lassen viel Raum für eigene Fantasien.

Der Betrachter zweifelt, ob die Kleinstadtmenschen normal und die Kulisse überdimensional ist, oder umgekehrt?
Die Schau setzt die Reihe der Ausstellungen unter freiem Himmel fort. Nach den knuffigen Betonfiguren „Alltagsmenschen“ (2015) und den „Trash People“ aus Müll und Schrott (2011) sorgen nun Preiser-Figuren bis September für eine Belebung der Innenstadt von Telgte. Unterstützt wird die Aktion von den Stadtwerken als lokales Energieversorgungsunternehmen. Dazu gehört auch ein Rahmenprogramm: mit Lesung auf dem Bürgerhaus-Vorplatz, ein Fotowettbewerb, Führungen und ein Mathematikquiz für Zahlenversteher. sis