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Channel: Das Umland – Fränkischer Anzeiger
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Die Mission erfüllt

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Es ging zur Sache beim Derblecken am Schlossberg

SCHILLINGSFÜRST – Wer im politischen Geschäft erfolgreich seine Macht behaupten will, braucht ein professionelles Marketing. Beim Politiker-Derblecken am Schlossberg ließen die Akteure einer Plakatierwerkstatt keinen Zweifel daran, dass sie beim Aufhübschen grauer Eminenzen viel persönliche Erfahrung haben, um ihre einflussreiche Rolle zu unterstreichen. Zu Musik und Doppelbock-Bier „Seckenator“ bekam das Publikum in der zweimal ausverkauftnen Albert-Zietz-Halle auch reinen Wein eingeschenkt.

Mit Farbe aufgehübscht: Der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer in der kreativen Plakatierwerkstatt. Fotos: Schäfer

Seine Durchlaucht, Fürst Philipp-Ernst, zum dritten Mal verkörpert von Christoph Maul, ließ in seiner Fastenpredigt kaum ein aktuelles Thema aus. Über 45 Minuten lang arbeitete er sich wortgewandt durch die politischen Ebenen und brachte Autoritäts- und Machtgebaren auf den Punkt. Hundert Tage keine handlungsfähige Regierung, aber eine Diäten-Erhöhung. Und dann das Postengeschacher in der SPD. Schulz und Gabriel sind weg. Scholz und Nahles sollen Aufbruch verkörpern. Der Fastenredner griff zur Metapher: „Wenn bei einem Bus die Bremsen kaputt sind, die Lenkung versagt und auch die Hupe nicht mehr geht, dann setzt man einen Blinden auf den Fahrersitz.“

Deutschland hat nun das zweitgrößte Parlament der Welt. Nur Chinas Volkskongress ist größer. Fürst  Philipp-Ernst folgerte daraus: „Quantität ist nicht immer gleich Qualität“. Für Politiker forderte er „eine Obergrenze bei den persönlichen Eitelkeiten.“ Der designierte Ministerpräsident versuche staatsmännisch zu wirken, „als ob er Kreide gefressen hätte.“ Wie schlecht muss es um die Politik- und Parteien-Landschaft bestellt sein, „dass der Markus Söder auf einmal nicht mehr der unsympathischste ist.“
Was habe Horst Seehofer nach seiner Abwahl „rumgeheult“ wegen der bösen Parteifreunde. Jetzt gehe er „gezwungenermaßen freiwillig“ als Innenminister nach Berlin, um sich großen Aufgaben zu widmen: seiner  unehelichen Tochter in der Pubertät und Straftätern, denen er „Null-Toleranz“ einräumt.  Müssen die Manager  der Autoindustrie und Uli Hoeneß jetzt zittern?
 Der fürstliche Fastenredner las Politikern aller Couleur die Leviten: „Sie geben eine Menge heiße Luft von sich – damit lassen sich ganze Windparks betreiben.“ Er hielt auch der widersprüchlichen Gesellschaft den Spiegel vor. Während immer mehr Kunden online einkaufen veröden die Innenstädte. „Bleigießen wird verboten, Glyhosat wird erlaubt.“ Die Bundeswehr sei „fast so schlecht beieinander wie das Ansbacher Klinikum“. Nur der Bezirksklinik-Chef Helmut Nawratil ist „bestens versorgt“, denn er darf ein Wohnmobil als zweites Geschäftsauto sein eigen nennen.  Landrat Dr. Jürgen Ludwig könne froh sein, über die Schlagzeilen des Bezirks, denn sie lenken von eigenen Problemen ab.
Erstaunt zeigte sich der Fürst über die vielen einstimmigen Beschlüsse im Schillingsfürster Stadtrat („wie einig sich da alle sind“) und über das Mitteilungsblatt-Gezeter zwischen dem CSU-Vorsitzenden Petar Tanevski und Bürgermeister Michael Trzybinski (Freie Wähler):  „Nein heißt Nein“. Seltsame Dinge gingen bei Auftragsvergaben vor, was zu Spekulationen führt, dass „die Bruschd“ bevorzugt wird. Zum Abschluss seiner Fastenrede äußerte der Fürst den Wunsch, „dass sich die Politiker wieder auf ihre urspüngliche Motivation besinnen: Etwas bewegen, sich einbringen, Lebenssituationen verbessern.

Von kalter Föhnluft zerzaust: Donald Trump.

Zwischen dem „Derblecken“ sang Martin Rohn immer wieder seine selbst­verfass­ten neuen Gstanzl, um aktuelle und politische Begebenheiten humoristisch zu beschreiben. Als poetischer Reimemacher begrüßte er einzelne Gäste offiziell namentlich. Moderator Mathias Neigenfind führte durch den Abend und gab ihm eine persönliche Nöte.

Im Singspiel verwandelte sich die Bühne in eine Plakatierwerkstatt. Paraderollen für das kompetente Personal Matthias Bär, Markus Löschel, Maja Löschel, Markus Bär und Rainer Kolb.  Die Gruppe frischte die Plakatkreationen der Politprominenz auf. Der persönliche Aspekt soll in den Vordergrund gestellt werden. Mut zur Individualität. Mit Pinsel, Farbe und Besen wurden die „Fotomodelle“ auf den Vorlagen fachmännisch gestylt, dass sie locker um Jahre jünger aussehen und ein positives Image bekommen. Nachdem die Ergebnisse präsentiert wurden, war keine Überzeungsarbeit mehr nötig. Das Konzept der Bildsprache war sofort verstanden worden und löste beim Publikum Begeisterung aus. Beim Landrat („schlechte Presse wegen Krankenhaus und Bahnaktivierung“) musste die Plakatierwerkstatt tief in die Trickkiste greifen.  Sie stellte die Idee vor, Plakate mit früheren Quotengaranten wie Rudolf Schwemmbauer und „Schorsch“ Ehnes im Altlandkreis aufzuhängen, an die sich die ältere Generation gern erinnert. Damit  die CSU bei der nächsten Wahl möglicherweise ein besseres Ergebnis schafft. Bei der Plakatkreation von US-Präsident Donald Trump mit seiner Haartolle tat die Gruppe alles, um ihn zum Schlechteren hin zu verändern und damit seine Wiederwahl zu verhindern. Beim Anti-Trump-Song „Schlimmer geht’s nimmer“ sang und klatschte das Publikum mit.
Unterhaltsam ging es weiter. Mit einer Hommage an die Heimat Man ahnte schon, dass es eine aberwitzige Revue werden wird. In Schillingsfürst ist die „Chinamania“ ausgebrochen. Michael Trzybinski, trefflich parodiert von Werner Rauch,  und  die VG-Bürgermeister sehen die Chance gekommen, den Tourismus anzukurbeln. So ist es herrlich komisch, wie die Jürgen Geier (Markus Hofman), Gabi Hofacker (Regina Hahn), Friedrich Priester (Rainer Kolb) gemeinsam mit Karl Beck (Andreas Meder) Pläne für das Eigeninteresse schmieden und bei Hai Yan Waldmann Wang (Regina Rothenberger) mühsam Chinesisch lernen.
Auch die Stadtarbeiter (Markus Löschel, Gerald Bär) sind eingeschworen auf die neue Kampagne ihres ehrenwertens Chefs „Mi Chi Pi, den sie nun nicht mehr „Michael“ oder „Chippy“ nennen sollen. Was dann folgt, ist die größte Überraschung des Abends. Die Kulisse verwandelte sich in den Bahnhof Dombühl mit Zuggeräuschen und Signal. Die regionale Politprominenz empfängt eine chinesische Delegation und dann macht zur allgemeinen Verblüffung auch noch Edmund Stoiber (trefflich parodiert von Thomas Meder) seine Aufwartung im dunklen Anzug als Festredner. Der Meister der Versprecher und Stilblüten höchstpersönlich.
In seiner „Stammel“-Rede sprach der Ex-Ministerpräsident auch fränkisch und gab sich alle Mühe, die verwickelten Zusammenhänge zu erläutern. Aber das Publikum konnte nur Bahnhof verstehen. Die illustren Gäste aus China (Gerald Bär, Markus Löschel, Matthias Bär) stimmten die neue Liedversion „Auf der fränkischen Eisenbahn“ an und hatten Probleme mit dem „R“. Das Publikum amüsierte sich köstlich und dankte mit „Standing Ovations“. sis

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