Projekt zur Festigung der Rebhuhn-Population in Ohrenbach abgeschlossen
OHRENBACH – Sie haben zwar nur eine Körperlänge von etwa 30 Zentimentern und bringen kaum 500 Gramm auf die Waage, doch Rebhühnern fällt in Ohrenbach eine ganz besondere Rolle zu: Mittels eines Auswilderungsprojektes soll gezeigt werden, dass die moderne intensive Landwirtschaft und die Artenvielfalt keine Gegensätze sind.
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„Umzugshelfer“ für die Rebhühner (v.l.): Marion Dorfner, Martin Stahl, Hermann Haas, Robert Karr, Rudi Pfänder und Wilhelm Ott. Fotos: Scheuenstuhl
Seit 1980 ist der Bestand an Rebhühnern europaweit um 94 Prozent zurückgegangen. Eine Ursache dafür ist, dass gerade Jungvögel zu wenig Insekten als Nahrung finden – was unter anderem auch auf eine entsprechende Bewirtschaftung der Felder zurückgeführt werden kann. Deshalb ist es unabdingbar, die Landwirte bei diesem Auswilderungsprojekt mit ins Boot zu holen, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen.
Um auf die kritische Lage der Rebhühner hinzuweisen, erklärte der Deutsche Jagdverband das Jahr 2016 zum „Jahr des Rebhuhns“. Auch in den Ohrenbacher Wäldern finden sich immer weniger der fasanenartigen Vögel. Umso erfreulicher ist es, dass dort nun vor einer Woche 20 junge Vertreter dieser Art ihr neues Zuhause bezogen haben.
Ihre „Umzugshelfer“ sind die Ohrenbacher Jäger um Robert Karr (Bürgermeister a. D.), Hermann Haas sowie Rudi Pfänder und Marion Dorfner. Sie hatten in der Verbandszeitung der bayerischen Waidmänner von dem Projekt, Rebhühner aufzuziehen und anschließend auszuwildern gelesen und waren sofort davon überzeugt. Bei den Feldhasen sei es halbwegs gelungen eine stabile Population im Umgriff der kleinsten Gemeinde des Landkreises zu etablieren, erklärt Hermann Haas. „Uns können es aber gar nicht genug sein“, ergänzt Robert Karr.
Wobei die Jägersleut’ klarstellen, dass es ihnen dabei ganz und gar nicht darum gehe, die Abschusszahlen nach oben zu schrauben. Zudem wollen sie sich nicht „als Anwalt des Wildes“ in den Vordergrund stellen, sondern betonen, dass das Projekt nur gelingen könne, wenn es „auf Augenhöhe“ mit den Landwirten vor Ort geschehe, deren betriebswirtschaftliche Belange es zu kennen und zu berücksichtigen gelte.
Die Digitalisierung spiele ihnen dabei in die Hände. Denn dank satelliten- und computergestützter Systeme können Dünger, Saatgut und auch Pflanzenschutzmittel bedarfsgerecht und teilflächenspezifisch ausgebracht werden, erklärt Hermann Haas. So ließen sich Arbeitsabläufe zum Vorteil der Artenvielfalt automatisieren, etwa indem Blühstreifen und Lerchenfenster (das sind bewusst angelegte Fehlstellen in landwirtschaftlicher Nutzfläche, auf denen die Feldlerche Lande- und Brutplätze sowie genügend Futter findet) von Dünge- oder Pfanzenschutzmittel ausgeschlossen werden.
In der gewinnbringenden Ohrenbacher Kooperation von Jägern und Landwirten vertritt Martin Stahl aus Gailshofen Letztere. Er stellte für das Projekte eine Freistellungsfläche, die er momentan nicht bewirtschaftet, zur Verfügung. Die nicht gemähte Fläche bietet perfekte Bedingungen für eine sichere Auswilderung des Rebhuhn-Nachwuchses. Und genau damit konnten die Ohrenbacher auch in ihrer Bewerbung für das Projekt punkten. Denn die Hühnervögel werden nicht wahllos an die Interessenten verteilt – und auch nicht in Eierform.
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Noch behütet und umsorgt in der Voliere: Die 20 Rebhuhn-Küken vor ihrer Auswilderung.
In Wunsiedel geschlüpft
Die kleinen Rebhühner erblickten nämlich in Wunsiedel das Licht der Welt. An der 2017 eröffneten Niederwildstation des Bayerischen Jagdverbandes werden sie drei Wochen lang in der 300 Quadratmeter großen und für rund 250000 Euro errichteten Volierenanlage aufgepäppelt. 20 faustgroße Exemplare zogen das große Los und landeten schließlich in Ohrenbach. Das hiesige Revier ist eines von zwei in ganz Bayern, das für die diesjährige Rebhuhnauswilderung ausgewählt wurde. Mit Hilfe von Wilhelm Ott, der sich als Elektriker durch großes handwerkliches Geschick auszeichnet, wurde die Garage von Robert Karr mit Strohpellets, natürlicher Wärmequelle und Futterstationen in ein Paradies für den Rebhuhn-Nachwuchs umgestaltet.
Der einstige Bürgermeister der Gemeinde übte seine Rolle als „Futtermeister“ mit so großer Leidenschaft aus, dass es ihm schon ein wenig „eng ums Herz“ wurde, als schließlich die Auswilderung anstand. Zunächst bezogen die mittlerweile sechs Wochen alten Küken jedoch ihr Zwischenquartier in der Auswilderungsvoliere auf dem Feld von Martin Stahl.
Dort sollen sie auf den Ort geprägt werden – damit sie sich nicht auf und davon machen sobald sie endgültig in die Freiheit entlassen werden. Zudem sollen sie sich auch an die Umwelt gewöhnen und auch der Kontakt zum Menschen ist dann auf ein Minimum begrenzt, denn es ist keine Handaufzucht, betont Hermann Haas. Im Umgriff der Voliere befindet sich jedoch noch eine Tränke für den Fall, dass die Vögel angesichts der anhaltenden Trockenheit nicht anderweitig genügend Flüssigkeit zum Überleben aufnehmen können.
Vor genau einer Woche war es dann soweit: Die Rebhühner wurden in die Wildnis entlassen. Die Sorge der Jäger, dass sie aus ihrem Holz-Häuschen herausgelockt werden müssten, stellte sich als unbegründet heraus. Die zwei Größten machten den Anfang und der Rest folgte ihnen grüppchenweise, erzählt Robert Karr. Nachdem die Tür der Voliere aufging, flogen sie 100 Meter über das freie Feld und setzten sich nieder. Dann ertönte ihr Lockruf, um alle wieder zusammenzubringen.
„Ganz tolles Erlebnis“
„Es war ein ganz tolles Erlebnis dies wieder einmal im Revier zu hören“, sagt der frühere Bürgermeister, der sich immer noch regelmäßig nach seinen einstigen Schützlingen umschaut. Doch erfreulicherweise bekommt er kein Rebhuhn mehr zu Gesicht, was bedeutet, dass sie ihre Freiheit genießen und dort gut zurechtkommen. Denn auch die Tränke wird von ihnen nicht in Anspruch genommen, wie ihr gleichbleibender Wasserstand verrät.
Die Grundlage für die jetzige erfolgreiche Auswilderung wurde bereits vor Jahren geschaffen. Denn dank der Flurbereinigung finden die Rebhühner nun in Hecken und unter Bäumen genügend Schutz vor Bussarden und Füchsen. Die Flurbereinigung in den 90er Jahren war in Ohrenbach auch eine Flurbereicherung, sagt deshalb Robert Karr. Mittlerweile verfügt die Gemeinde über 50 Hektar Naturschutzflächen. mes