Kirchweih-Auftakt in Ohrenbach mit politischer Botschaft
OHRENBACH – „Alle sind an der Bedarfsgrenze. Da muss dringend etwas geändert werden.“ Das hat Landrat Dr. Jürgen Ludwig bei der traditionellen Veranstaltung „Bier – Broadworscht – Bloasmusik – Bollidig“ zum Auftakt der Ohrenbacher Kirchweih betont. Am Donnerstagabend forderte er im vollbesetzten Wirtshaussaal unmissverständlich ein Eingreifen der großen Politik zur Begrenzung des Zustroms an Asylsuchenden und Flüchtlingen.
Es stelle sich immer heftiger die Frage, ob wir das noch bewältigen können, und die Entwicklung sei unüberschaubar und unkalkulierbar. Habe es noch vor zwei Jahren 400 Asylsuchende im Lankreis Ansbach gegeben, seien es inzwischen schon 1300 und bis Ende 2015 sei damit zu rechnen, dass die Zahl auf 2500 oder noch höher klettere. Offen müsse darüber geredet werden, dass uns die Situation überfordere. Die Formel „Refugees welcome“ (Flüchtlinge willkommen) und das Grundrauschen in der Presse dazu sei nur ein Teil der Wahrheit. Der andere Teil sei, dass die vielen Ehrenamtlichen, die sich hier seit Wochen und Monaten bei der Betreuung der Menschen einbringen, längst an der Belastungsgrenze sind und dass auch in so mancher Gemeinde das Maß des Verträglichen überschritten ist. Zum traditionellen Kirchweih-Auftakt hatte der Ohrenbacher Bürgermeister Johannes Hellenschmidt vorher in seiner Ansprache den Blick auf die Situation in seiner Gemeinde gelenkt. Seit Januar gibt es Flüchtlinge im Dorf. Derzeit sind in einem Haus im Dorf eine sechsköpfige Familie aus Weißrussland und eine fünfköpfige Familie aus der Ukraine untergebracht.
Die Gemeinschaft packe gemeinsam an, um die vielfältigen Dinge zu erledigen, die es für die Menschen zu tun gebe, sagte der Ohrenbacher Bürgermeister und dankte auf diesem Weg allen, die mithelfen. Natürlich brauche es eine gewisse Regulierung, aber man sollte denjenigen Hilfe zukommen lassen, die sie brauchen. Dem Ohrenbacher Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz, der mit Oberbürgermeistern, Bürgermeistern, Funktionsträgern und Behördenvertretern an einer langen Tafel im „Roten Ross“ Platz genommen hatte, galt sein besonderer Gruß. Der Geistliche hatte in einer Andacht zum Auftakt der Kirchweih in St. Johannis die Positionierung zum Thema gemacht, die das Gotteshaus „in einer zunehmend orientierungsloser und gleichgültiger werdenden Welt“ darstelle. Die zwölfjährige Milana aus der Ukraine, die mit ihrer Familie in Ohrenbach Aufnahme gefunden hat, sang in dem Gottesdienst ein Lied, was als schöner Beitrag mit symbolischer Aussage aufgenommen wurde.
Bei „Bier – Broadworscht – Bloasmusik – Bollidig“ durfte natürlich auch der traditionelle Fassanstich nicht fehlen. Bürgermeister Johannes Hellenschmidt griff zum Schlegel und trieb mit kräftigen Schlägen den Hahn so in den Spund, dass er schnell saß. Dass bei der Aktion trotzdem etwas Bier vergossen wurde, hatte seinen Grund. Der Hahn stand irrtümlich auf offen. In seiner Ansprache hatte der Landrat vorher in einem Art Tätigkeitsbericht zahlreiche Themen und Aufgabenfelder vor Augen geführt, die der Landkreis für Rothenburg und Umgebung und seine Bürger erledigt hat beziehungsweise noch anpacken möchte. Trotz vieler Zahlen und Fakten gelang ihm ein kurzweiliger Streifzug. In Anwesenheit seiner beiden Vorgänger Rudolf Schwemmbauer und Dr. Hermann Schreiber, von Minister a.D. Hans Maurer und dem Ohrenbacher Altbürgermeister Robert Karr bezeichnete er sich mit einem Augenzwinkern als „prominentes Opfer von Grußreden.“ -ww-