Maria Warkentin gab im Garten der Doerfler-Galerie die Frau von Luther
SCHILLINGSFÜRST – Mit der Aufführung des Stücks „Bist du sicher, Martinus“ nach Christine Brückner hat das Russland-Deutsche Theater Niederstetten im Museumsgarten der Ludwig-Doerfler-Galerie einen besonderen Akzent zum Reformationsjubiläum in diesem Jahr gesetzt. Maria Warkentin spielte dabei eine hinreißende Katharina von Bora, die Ehefrau von Martin Luther.
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Alles andere als monoton: Peter Warkentin (rechts) liest Monologe, begleitet von Bernhard Klein an der Gitarre.
Im kleinen Garten hinter dem Doerfler-Museum lauschten etwa 50 Besucher unter dem im Wind raschelnden Blätterdach der Bäume den Tischreden der Katharina von Bora sowie des Martin Luther selbst, gelesen von Peter Warkentin. Musikalisch umrahmt wurden die Monologe von Bernhard Klein an der Gitarre. Die Tischreden Katharinas entstammen Brückners Werk „Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“. Zu ernsten bis heiteren Themen lassen sich hier Frauen aus, die oft hinter ihren berühmteren Männern weniger öffentlich beleuchtet wurden.
Ins Schwarze
So scheint es Katharina manchmal leichter zu fallen, ein gottgefälliges Leben zu führen als ein ihrem Mann gefälliges Leben. Sie weiß, dass sie nicht auf den Mund gefallen ist – was Martin auch wusste, als er sie heiratete. Katharina versucht ihren Mann aufzuheitern, ihn dazu zu bewegen, neue Perspektiven und Ansichten zu erlangen – und seine Prioritäten zu überdenken. Er solle nicht klagen und die Leute nicht unzufriedener machen als sie sind. Maria Warkentin trägt Brückners Texte charismatisch und ergreifend vor. Mit ausdrucksstarker Trockenheit treffen die ironischen Spitzen ins Schwarze.
Peter Warkentin führt das Publikum am Anfang des Stücks mit den wichtigsten Hintergrundinformationen zum Leben Katharinas und Martins in die Materie ein. Im Verlauf des Stücks liest er Tischreden von Luther selbst. Dabei werden die von seiner Frau aufgegriffenen Themen aus seiner Perspektive beleuchtet.
So stellt er beispielsweise klar : Die Beredsamkeit der Frau solle man nicht loben. Lispeln und Lallen stehe ihnen besser. Doch auch hier wird deutlich, dass aus seiner Sicht die höchste Gnade Gottes die dauerhaft glühende Liebe darstellt, wie sie zwischen dem Ehepaar besteht.
Das Russland-Deutsche Theater Niederstetten wurde Anfang der 1990er Jahre von ehemaligen Mitgliedern des Deutschen Theaters Alma-Ata in Kasachstan gegründet. Dies war das einzige deutschsprachige Theater in der ehemaligen Sowjetunion und die Schauspieler wurden im Maly-Theater in Moskau auf höchs- tem Niveau ausgebildet.
Für ihre mittlerweile über 20-jährige Kulturarbeit erhielt das Russland-Deutsche Theater 2016 den Russlanddeutschen Kulturpreis des Landes Baden Württemberg als Hauptpreis verliehen.
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In lauschiger Atmosphäre des Doerfler-Galerie-Gartens setzte das Schauspiel zum Reformationsjubiläum einen besonderen Akzent. Fotos: Castelo
Eine Brücke
Die Grundidee des Theaters besteht darin, als Brücke zwischen den Russlanddeutschen und den Einheimischen zu dienen, was mit hohem Engagement und großem Erfolg wahrgenommen wird.
Neben Werken russlanddeutscher Herkunft sowie Eigenproduktionen, welche die russlanddeutsche Geschichte und Gegenwart thematisieren, gehören zum breiten Publikum aber ebenso die Einheimischen, weshalb sich zum 500. Jahrestag der Reformation das Thema Luther schlicht aufdrängte.
Im kaum überschaubaren Angebot der zahlreichen Reformations-Jubiläumsveranstaltungen hatte Museumsleiterin Hai Yan Waldmann-Wang eine starke Truppe engagiert, die auch im Programm des Doerfler-Museums heraussticht. cas