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Facettenreicher Dreiklang

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Hohenloher Kultursommer verwandelte Schillingsfürst in eine große Opernbühne

SCHILLINGSFÜRST – „Rund um die Oper“ gestaltete sich der Konzerttag des diesjährigen Hohenloher Kultursommers und verwandelte die Schloss-Stadt in eine große Opernbühne.

Die Mitglieder des Ensembles „10forBrass“ sind perfekt aufeinander eingespielt.	Foto: SchwandtSopranistin Anna Herbst und Bariton Christoph von Weitzel warteten im Klaviersalon des Schlosses mit zauberhaften Duetten aus Mozarts „Hochzeit des Figaro“, „Don Giovanni“ und der „Zauberflöte“ auf. Zwei Arien des großen Opernkomponisten Guiseppe Verdi begeisterten das Publikum: Spannungsgeladen und stimmgewaltig präsentierte Christoph von Weitzel die Arie des Rigoletto, Anna Herbst meisterte bravourös die äußerst anspruchsvolle koloraturenreiche Arie der Gilda: Das Erregtsein, das innerliche Erbeben des Frischverliebtseins, zauberte sie in die Herzen des Publikums – einfach hinreißend.

Gefühlvoll und sehnsüchtig inszenierte Christoph von Weitzel Richard Wagners „Lied an den Abendstern“ und die beiden Solisten finden sich als Pamina und Papageno harmonisch im Schlussduett. Klar, dass das Publikum die beiden nicht ohne Zugaben gehen lassen will, waren sie als Zuhörer doch nahe an den Interpreten, im Blickkon– takt mit den Künstlern, ges– tisch und mimisch in das Geschehen einbezogen. Pianist und Organist Ulrich Pakusch erwies sich als ausgezeichneter Begleiter am Flügel, der technisch brillant die einzelnen Werke charaktervoll einbettete. Gekonnt und kurzweilig führten die beiden Solisten ihr Publikum als Moderatoren durch die Opernstunde – ein herrlicher, rundum gelungener Auftakt des Konzertnachmittags.

Parallel dazu luden Sopranistin Franziska Dannheim und Pianistin Jeong-Min Kim zu einer „Oper légère“ in das Sälchen der Doerfler-Galerie ein. Es ist eine große Oper im kleinen Format. Franziska Dannheim singt und spielt sich durch Jacques Offenbachs „Hofmanns Erzählungen“, würzt die Handlung der Oper mit zahlreichen, launigen Anekdoten um das Universalgenie E. T. A. Hofmann. Ihr Anliegen ist es, Werke verständlich zu machen und das Publikum zu unterhalten.

Das Einbeziehen der Zuhörer ist ihr wichtig, und so lädt sie dazu ein, mitzumachen, zu singen und zu schunkeln, bei den bekannten Opern-Ohrwürmern, wie der berühmten Barcarole („Belle nuit, o nuit d’amour“) oder den „Va pour Klein Zack“. Die aus Seoul stammende Jeong-Min Kim ist eine grandiose Partnerin am Flügel, die feinfühlig und virtuos den Orchesterklang des großen Offen– bach’schen Werkes auf die Tasten zaubert. Eine tolle Musikidee für Jung und Alt, Einsteiger und Kenner, um Oper zu erleben.

Der Himmel zeigte sich gnädig, denn am späten Nachmittag hatten sich die letzten Regenwolken verzogen und „10forBrass“ konnte im Schlossinnenhof konzertieren. 12 junge Bläser aus dem gesamten Bundesgebiet betraten die Bühne. Seit 2010 musiziert das Ensemble gemeinsam, und es ist inzwischen mehrfach ausgezeichnet worden. Einen Dirigenten brauchen die Vollblutmusiker nicht – sie sind perfekt aufeinander eingespielt. Und sie wollen dem üblichen Blechbläserklischee etwas entgegensetzen.

Orchesterklänge nachspüren

Ihre Intention ist es, möglichst viele Originalkompositionen im Repertoire zu haben. Steven Verhelst ( Jahrgang 1981) hat für „10forBrass“ eigens die „10forBrass“-Fanfare komponiert, die sie schwungvoll darbieten. Sie scheuen sich auch nicht, Werke zu bearbeiten und mit den Bläserstimmen Orchesterklängen nachzuspüren, auch Streicherstimmen oder Gesangsmelodien zu imitieren.

Die Arie der Königin der Nacht aus der Zauberflöte von Wolfgang Amadeus Mozart interpretierte André Schoch mit seiner Piccolotrompete klar und makellos, in der Ouvertüre des „Freischütz“ von Carl Maria von Weber sorgen die Hörner und die gestopften Trompeten für ein wahrhaft fürstliches, romantisches Jagderlebnis. Schräge, gekonnte Kontraste finden sich in Sergej Prokofiews Marsch aus der Oper „Die Liebe zu den drei Orangen“.

Der Tubist Alexander Tischendorf moderiert geschickt durch das Programm, erzählt Anekdoten, erläutert die Handlungen, die sich um die jeweiligen Stücke ranken. Nein, festlegen auf ein bestimmtes Genre wollen sich „10forBrass“ nicht. Sie sind jung und neugierig, haben alle Engagements in verschiedenen Orchestern, tragen ihre Erfahrungen zusammen, tauschen sich aus, wollen sich entwickeln. Das spielfreudige Ensemble lässt die Rialto Ripples von George Gershwin schwungvoll erklingen, begeistert mit Iving Berlins „Puttin’ on the Ritz“.

Wechsel der Tempi gelingen scheinbar mühelos, die Intonation ist brillant und alle Werke sind beseelt von einer wunderbaren Dynamik. Die Musiker wechseln bei Bedarf während des Stücks das Instrument, nehmen innerhalb des Ensembles unterschiedliche Plätze ein, treten als Solisten hervor. Als Schmankerl zum Abschluss tritt Alexander Tischen– dorf mit seiner Tuba allein auf die Bühne, dann stimmen die Posaunen ein, es folgen Hörner und Trompeten. Einen Hymnus gab es zum Abschluss und ein schönes Sprichwort mit auf den Weg: „Ob piano oder forte, Töne sagen mehr als Worte. Denn was wäre unser Leben, würde es Musik nicht geben?“ Wohl wahr. sw


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