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Channel: Das Umland – Fränkischer Anzeiger
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Mundartszene entwickelt sich

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Zweites Edzerdla-Festival ermuntert nach Erfolg zum Weitermachen – Manfred Kern als örtlicher Autor

BURGBERNHEIM –  Manch verborgener Schatz wurde beim zweiten Mundart- und Liederfestival „Edzerdla” am Wochenende in Burgbernheim gehoben. Das lässt sich sowohl auf manche noch unbekannte Interpreten beziehen wie auch auf das, was inhaltlich an Texten und Liedern geboten wurde. Aus Rothenburg hat Autor Manfred Kern dafür gesorgt, dass die Klassiker aus Franken-Hohenlohe unvergessen bleiben.

Die Skinny-Winni-Band auf der Streuobstbühne (mit Texten von Helmut Haberkamm). Foto: diba

Helmut Haberkamm, Initiator und künstlerischer Leiter der vor zwei Jahren erstmals in dieser Form durchgeführten Mundarttage, ist wohl einer der profundesten Kenner der Szene aus Literatur, Musik, Kleinkunst und Theater in der Region, wobei aber sein Interesse auch über die Landesgrenze ins Hohenlohische reicht, das ja weithin zu Franken gehört, was schnell vergessen wird. Diesmal kamen die Bewerbungen zur Teilnahme am 2. Mundart-Festival vor allem aus Mittelfranken, beim voraussichtlich drittenmal 2020 will Haberkamm versuchen auch die Thüringer und Hohenloher Franken zu gewinnen, nachdem die bayerischen fränkischen Regierungsbezirke natürlich schon jetzt dazuzählen.

Eine wieder gelungene Auswahl von rund vierzig Künstlern, darunter die bemerkenswerte Zahl von dreißig erstmals Mitmachenden, prägte in einer kurzweiligen Mischung die zwei Tage mit dichtem Programm. Das Hin- und Herpendeln zwischen dem großen Veranstaltungszelt auf dem Kapellenberg und der Streuobstbühne im Freien hat gewollte Effekte. Nicht nur, dass die Besucher die herrliche Landschaft an der Frankenhöhe wahrnehmen (soweit sie nicht neuerdings in der Fernsicht munter verbaut wird!), sondern es ist zugleich ein kurzweiliger Spaziergang durch den kleinen Regionalmarkt mit diversen Info-Ständen, ehe man sich umgeben von Obstbäumen am Hang niederlassen und dem Dargebotenen lauschen kann. Unterwegs begegneten einem dann noch fränkische Straßenmusikanten oder Gruppen wie die „Aaschgrundbänd” oder am Sonntag dann das Fränkische Bierorchester, Bernd Dittl & Heinrich Filsner (Neuauslegung europäischer Volksmusik) sowie die Hullerngroove,  die alle Sinne ansprachen, östliche und westliche Rhythmen mit neuen Einflüssen zu einer Art fränkischer Weltmusik verbandelten. Sehr überzeugend was man mit solchen „Wanderkapellen” bewegen konnte, quasi als Bindeglied zwischen den von mittags bis abends  im Halb- oder Ganzstundentakt folgenden Auftritten auf den beiden Bühnen.
Große unterhaltsame Vielfalt
Einem Klaus Schamberger, der sonst leider kaum noch auftritt, lässt sich bei der realsatirischen Beschreibung fränkischer Alltagserlebnisse stundenlang zuhören, man kennt den früheren Abendzeitungs-Journalisten auch von seinem „Gschmarri” im Rundfunk. Dem Pfeiferhannes von Niklashausen im Taubertal widmete der Erzähler Michl Zirk mit dem Sackpfeifer Ulrich Ponkratz eine ungeahnt fesselnde Stunde im Zelt. Wer Bernd Regenauer hört, denkt sicher nicht nur an die „Metzgerei Boggnsagg”. Abends ging es munter weiter mit den speziellen „Bambägga“ Rappern, ehe die Band „Kellerkommando” Samstagnacht auf dem Kapellenberg gewaltig einheizte.
Ein Fitzgerald Kusz (für viele ein Pseudonym für das Theater-Mundartstück „Schweig Bub!”) zusammen mit dem Bamberger Autor Gerhard C. Krischker Sonntagmittag auf der Bühne wurde zum in dieser Besetzung seltenen Genuss – zwei Klassiker der Mundartszene. Dann natürlich Helmut Haberkamm selbst, der in einem  „Gräschkurs Fränkisch” die ihm   liebsten Kennzeichen seiner Muttersprache vorstellte und mit eigenen Gedichten garnierte, darunter sein brandneues „Edzerdla Fränkisch”.
Anders als beim ersten Mundartfestival mit dem Rothenburger Musiker Harry Düll vertrat Manfred Kern diesmal als einziger die Tauberstadt mit  Umland. Dabei sorgte der Buchautor und Lyriker aus Wettringen zugleich für die Präsenz bedeutender verstorbener Dichter wie dem Rothenburger Wilhelm Staudacher, der die zeitkritische Mundart mit prägte und dem Hohenloher Gottlob Haag, Wildentierbach, aus deren Werken er vortrug. Dazu Eigenes wie  „Erinnerung annd Moni” und am Schluss das Potpourri aus vier kleinen Liebesgedichten aus dem Band „Verlasse bo mir” (von Harry Düll auf der Habbag-CD vertont).  Außerdem erwies er Karl Corino (vom Hesselberg stammend) seine Referenz, der als Robert-Musil-Biograf und als Lyriker bekannt ist. Viel Beifall und mucksmäuschenstille Zuhörer angesichts des Lyrikvortrags und Inhalts auf der Streuobstbühne!
Alles spricht für Fortsetzung
Nur Schlaglichter sind angesichts der Fülle möglich, bemerkenswert die Neuentdeckungen, wobei es nicht zwangsläufig um jüngste Jahrgänge gehen muss. Die Skinny-Winni-Band berauschte mit jeder Menge fränkischer Songtexte. Der Gottesdienst am Sonntagfrüh ganz im Dialekt und einem ebenso einstudierten Chor könnte bald zum „Kirchenkult“ werden. Ein drittes Mal? Bei der Bilanz ist ein Ja zu erwarten und schon denkt man daran was 2020 am Kapellenberg „wohr wern könnt”. diba

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