Die Geschichte und Vielfalt der fränkischen Landschaft erleben und verstehen
ROTHENBURG LAND – Oh, wie schön ist die Heimat: Zu Fuß oder mit dem Rad lässt sich immer wieder Neues entdecken und den Charme der Region erleben. In unterhaltsamer Gemeinschaft macht es noch mehr Spaß, die Schönheiten der Natur- und Kulturlandschaften zu entdecken mit ihren geschichtsträchtigen Ortschaften.
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Auf dem Fußmarsch zum „Lug ins Land“ war Bürgermeister Rudolf Glas (3.v.li) dabei.
Es gehört zu den schönen Gepflogenheiten der vier Gemeinden der Kommunalen Allianz „Obere Altmühl“, Interessierte auf eine Tour durch bekannte und möglicherweise unbekannte Winkel und Ecken in der Natur und vor der Haustür mit zu nehmen. Das Angebot wird sehr gut angenommen und ist auf einen ganz bestimmten Tag festlegt. Diese Kontinuität hat sich bewährt und soll auch erhalten bleiben. An Allerheiligen, ein gesetzlicher Feiertag und christliches Fest, wird gewandert, am Pfingstmontag (ebenfalls ein wichtiger christlicher Feiertag) wird geradelt.
Ausrichter der Tagesveranstaltung ist jeweils eine der vier Gemeinden Buch am Wald, Colmberg, Geslau und Windelsbach. Sie nehmen die Aufgabe sehr ernst, sich etwas Besonderes einfallen zu lassen zur gelungenen Überraschung für Einheimische. Mit dabei sind viele Stammgäste, aber auch jedesmal neue Gesichter. Zwischen 50 und 85 Teilnehmer locken die geführten Touren – je nach Wetterlage, die eine wichtige Rolle spielt.
Diesmal war die Gemeinde Geslau mit der Organisation der Herbstwanderung betraut. Bürgermeister Richard Strauß und Gemeinderatsmitglied Uwe Schmid übernahmen die Sache federführend. Sie markierten die knapp 17 Kilometer Strecke mit farbigen Pfeilen am Boden und Flatterbändern an den Bäumen, um den Wanderern die Orientierung zu erleichtern.
Treffpunkt war in Lauterbach vor der „Kleinen Seekneipe“, dem späteren Ziel. Ein Reisebus brachte die Ausflügler an den Ausblickpunkt „Lug ins Land“ bei Wachsenberg, wo Bürgermeister Rudolf Glas, der ortsansässige Architekt Manfred Emmert und Bernhard Heim als versierte Geschichtskenner interessante Informationen geben konnten. Aus Zeitgründen warf man nur einige wenige Schlaglichter auf die Entwicklung des kleinen Weilers, der 1695 als städtischer Außenhof von der Stadtregierung Rothenburg gegründet worden war.
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Am Wildenhofer Weiher: Bernhard Heim und Bürgermeister Alfred Wolz.
In dem Zeilendorf wird kein Baugebiet ausgewiesen, sondern versucht, alte Hofanlagen für Wohnzwecke umzubauen für eine zeitgemäße Nutzung historischer Bausubstanz. Da gibt es schöne Beispiele im Ort für sensible Sanierungen, die zum dörflichen Charme beitragen. Für einen Aha-Effekt sorgte Manfred Emmert mit der Führung durch sein Haus als anschauliches Beispiel für die Nachnutzung eines ehemaligen Scheunen- und Stallgebäudes.
Bernhard Heim berichtet davon, dass Rothenburgs großer Bürgermeister Heinrich Toppler Anfang des 15. Jahrhunderts auf dem höchsten Punkt von Wachsenberg einen Turm errichten ließ, den „Lug ins Land“, von dem aus nicht nur die Rothenburger Landwehr, sondern auch der Colmberger Kessel, das eventuelle Aufmarschgebiet der Nürnberger Burggrafen überblickt werden konnte. 1407 zog Burggraf Friedrich mit den Bischöfen von Würzburg und Bamberg, den Landgrafen von Thüringen und Hessen und vielen weiteren adligen Herren gegen Rothenburg. Sie brannten die Außenburgen der Stadt nieder. Die Burg Nordenberg fiel einen Tag später. Seine Besatzung musste sich dem Burggrafen ergeben.
Nach den interessanten Erläuterungen marschierten die über sechzig Wanderer strammen Schrittes entlang des Europäischen Wasserscheideweges oberhalb von Aidenau nach Kirnberg zum vorbestellten Mittagessen im Gasthaus „Zur Linde“. Die weitere Route führte die inzwischen aus mehr als achtzig Personen bestehende Gruppe über Wildenhof nach Ober- und Unterbreitenau, oberhalb von Morlitzwinden vorbei am Bogenschieß-Platz und der Kneippanlage nach Lauterbach zur „Kleinen Seekneipe“, dem Ziel zum gemeinsamen Abschlusskaffee und frischgebackenen Kuchen. Der Geslauer Ortsteil Lauterbach hat sich auf den Fremdenverkehr eingestellt im Rahmen des Förderprogramms der Europäischen Union zur Entwicklung ländlicher Räume. Campingplatz, Gästebetten, Badeweiher, und der Erlebnisbauernhof „Mohrenhof“ mit Bogenschießplatz und Waldparcour beleben das ganze Dorf.
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Gemeinderatsmitglied Uwe Schmid (re) hatte die Strecke markiert. Fotos: sis
Den Wanderern der Kommunalen Allianz bot der über sechzehn Kilometer lange Streckenverlauf schöne Aussichtspunkte und ein abwechslungsreiches Gelände: durch Wälder in bunter Herbststimmung, auf Wander- und Wiesenwegen, durch flaches Land oder über Steilhänge. Abschnittsweise auf dem Wasserscheideweg und über den Höhenrücken der Frankenhöhe. Kurz vor Oberbreitenau marschierten die Auflügler auf dem alten Kirchenweg, der zugleich Schulweg für die Kinder war. Im Winter sorgte der Steilhang mit den 38 Treppenstufen durch den Wald bei Eis und Schnee für manche unfreiwillige Rutschpartie, erinnerte sich ein älterer Mitwanderer. Nach der unsanften Landung auf dem Hosenboden wurde die feuchte Trainingshose in der Schule am Ofen aufgehängt, bis sie trocken war. Heimatkunde auf Schusters Rappen. sis