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„Es wird alles gut“ in der Pfarrei

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Gemeinde und Wegbegleiter bereiten Karl-Heinz Gisbertz einen herzlichen Abschied

OHRENBACH – Stehende Ovationen sind ein seltener Anblick in einem Gottesdienst. Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz hat sich diesen einmaligen Ausdruck der Wertschätzung nach 26 Jahren unermüdlichen Dienstes in der Pfarrei Ohrenbach-Steinach und darüber hinaus mehr als verdient. An dem herzlichen Abschied, den die Gemeindeglieder, politische wie kirchliche Wegbegleiter – und zur besonders großen Freude des Ruheständlers in spe – auch zahlreiche Kinder der Gemeinde ihm in der Johannis-Kirche bereiteten, kann man deutlich erkennen, welche Lücke er dort hinterlassen wird.

Trotzdem herrscht in Ohrenbach, Oberscheckenbach, Steinach, Habelsee und Mörlbach keine Weltuntergangsstimmung. Nicht zuletzt, weil Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz bereits ausdrücklich bekundet hat, dort bei Bedarf auch in Zukunft als Seelsorger einzuspringen. Zudem rief er in seiner mit nautischen Bildern gespickten Predigt den Gemeindegliedern ins Bewusstsein, dass das „Schiff mit Namen Ohrenbach“ auch ohne ihm am Ruder „noch längst nicht verlassen“ sei. Gott, so seine feste Überzeugung, werde dafür sorgen, dass „alles gut“ werde.
Mit diesen Worten hatte einst schon eine Kirchenvorsteherin auf die von außen aufgezwängten und nicht bei allen beliebten Entwicklungen in der Pfarrei reagiert. Denn der „kleine Ausflugsdampfer“, der „trotz seines Alters einiges zu bieten hat“, musste schon so manche Klippe umschiffen, um nicht Schiffbruch zu erleiden. Gemeint ist damit der Landesstellenplan, mit dem die „Reederei“ in München die Habelseer Kirchengemeinde an Ohrenbach anschloss. So mancher „Leichtmatrose aus Habelsee“ befürchtete, dass man deshalb nun „mit den Ohrenbachern in den Himmel kommen müsse, wenn der Kahn absäuft“, erinnert sich Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz.
Vertrauen auf Gott
2013 sorgte ein weiterer Landesstellenplan für das nächste Erdbeben. Per Dekret wurde eine Gemeinschaft von fünf Schiffen unter der Flagge der Pfarrei Ohrenbach-Steinach verordnet. „Wir sitzen aber noch lange nicht im selben Boot“, sei damals die Überzeugung einiger Gemeindeglieder gewesen. Doch der „gute Wille, Einsicht und Geduld“ haben sich durchgesetzt, so der Geistliche. Und das Vertrauen auf Gott, „der uns dahin führt, wo er uns haben will“. Er wünschte den Mitgliedern seiner Pfarrei, der „wagemutigen und tollen Mannschaft“, eine „gute und gesegnete Fahrt in die Zukunft mit Gott als Steuermann“.
Zugleich mahnte er an, dass die Gefahr groß sei, dass das Schiff sich um die eigene Achse drehe, wenn nur die Frage, „ob jetzt jeder alles gesagt“ hat im Vordergrund stehe. Es ist dieses Besinnen auf das Wesentliche, das Seniorin Pfarrerin Barbara Müller in  ihrem Grußwort aufgriff. Ihr Kollege zähle beileibe nicht zu den Vielrednern, sagte sie. Doch hinter der Schweigsamkeit verbirgt sich ein „scharfer Verstand, der wachsam mitdenkt“. Dieser kann, ganz in der Nachfolge Martin Luthers, durchaus auch mal „lospoltern und Missstände beim Namen nennen“.
Hinter der „manchmal rauh wirkenden Schale“ verberge sich bei Karl-Heinz Gisbertz ein „weiches Herz“. Und so lasse er seine Kollegen und die Gemeinde auch im Ruhestand nicht im Stich. Gott werde, so ist Dekan Hans-Gerhard Gross überzeugt, einen Weg finden Karl-Heinz Gisbertz zu zeigen, „wo er weiterhin gebraucht“ werde. In den vergangenen 39 Jahren sei er ein „treuer Bote in der Weitergabe der frohen Botschaft“ gewesen – „nicht nur von der Kanzel, sondern im täglichen Leben in den Gemeinden“, würdigte der Dekan dessen Engagement. Zudem sei er ein „Mann der Dia­konie“.
Wohl der Gemeinden
Allen seinen Aufgaben habe er sich mit „Mut, Ruhe, Besonnenheit, und Gottvertrauen“  gestellt, weil für ihn an allererster Stelle das Wohl der Gemeinden stand. „Er ist immer da wenn man ihn braucht“, unterstrich auch Robert Karr, Synodaler und ehemaliger Bürgermeister von Ohrenbach, den Einsatz des Pfarrers, der dafür „höchsten Respekt und Anerkennung“ verdiene. Die Zusammenarbeit war geprägt von „großem Vertrauen und beiderseitiger Achtung und Wertschätzung“. Neben der Sanierung des Ohrenbacher Gemeindehauses und die Übertragung der Trägerschaft des Kindergartens an die Kirchengemeinde war auch die Einrichtung des Glaubensweges ein Projekt bei dem politische und kirchliche Gemeinde an einem Strang zogen. Unter Bürgermeister Johannes Hellenschmidt, der Pfarrer Karl-Heinz Gisbertz einst selbst als Religionslehrer hatte, konnte man das gute Verhältnis nahtlos fortführen. Man habe „viel gemeinsam erlebt“ und es sei sogar eine Freundschaft zwischen dem weltlichen und dem geistlichen Gemeindeoberhaupt entstanden.
Kreise gezogen
In 26 Jahren in Ohrenbach habe Karl-Heinz Gisbertz viel erlebt und „weite Kreise gezogen“ – auch in umliegenden Gemeinden, so Bürgermeister Johannes Hellenschmidt. Die Liste dieser Kreise sei „ewig lang“. Ein gemeinsamer Kreis war der Vorstoß, die Kirchweih-Feierlichkeiten in Ohrenbach mit einer Andacht beginnen zu lassen. Auch Emil Kötzel, Bürgermeister von Gallmersgarten, sprach von einer „guten Zusammenarbeit“, auf die Karl-Heinz Gisbertz nichts kommen hat lassen auch wenn es durchaus Stimmen gab, die versuchten, diese madig zu machen. Für das Gemeindehaus Steinach werde man ebenfalls eine „zufriedenstellende Lösung“ finden, so der Rathaus-Chef.
Er selbst habe sehr gerne die Gottesdienste von Karl-Heinz Gisbertz besucht, bekundete Emil Kötzel. Denn seine Predigten habe der „feste Christenmensch und echte  Lutheraner“ mit „Geschichten und Bildern aus dem Leben“ verständlich gemacht. Besonders fasziniert habe ihn auch seine Rhetorik: „Jedes Wort ist wohlüberlegt und ausgesprochen.“
Neben Glückwünschen und Dankesworten aus Siebenbürgen, vorgelesen von Pfarrer Johannes Raithel, blickten auch die einzelnen Kirchengemeinden in einem gemeinsamen Schauspiel auf das segensreiche Wirken des Pfarrers zurück. Wie das Bäumchen, das er zur Gestaltung seines Gartens (neben einer Ruhestandsbank) von ihnen als Geschenk erhalten hat, so schlug auch er in Ohrenbach Wurzeln und seine Arbeit trug Jahr für Jahr Früchte.
Dies wurde etwa in den „vereinigten Kinderchören“ der Gemeinde – bestehend aus zahlreichen Kindern der Jungschar und des Kindergottesdienstes – mehr als deutlich. Sie ließen es sich nicht nehmen, ihrem Pfarrer, der sie alle getauft hatte, musikalisch einen Segen mit in den Ruhestand zu geben. Und ein Brotzeitbrettchen mit einem Foto von ihnen – übergeben mit den Worten: „Wir haben gehört, dass Sie gerne vespern.“
Auch die Kinder des Kindergartens „Zum Guten Hirten“, die Posaunenchöre Steinach/Mörlbach, der Singkreis Steinach und der Kirchenchor Ohrenbach sagten musikalisch Karl-Heinz Gisbertz Ade. Dieser beendete in seiner gewohnten und beliebten bodenständig-trockenen Art nach zweieinhalb Stunden den förmlichen Teil mit den Worten: „Es war genauso, wie ich es befürchtet hatte.“ Im Anschluss an den Gottesdienst bestand bei einem Stehempfang im Gasthaus „Rotes Ross“ die Möglichkeit sich persönlich von Karl-Heinz Gisbertz zu verabschieden.   mes

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