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Die Retter von Kreuth

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Familienmitglieder und Nachbarn bewahren Harald Frieß vorm Erstickungstod im Güllekanal

KREUTH – Als Landwirt Harald Frieß bei Wartungsarbeiten im Güllekanal ohnmächtig wird, geht alles ganz schnell. Ohne den Einsatz der Rettungskräfte abzuwarten, befreit Nachbar Herbert Leidenberger den 37-Jährigen aus der tödlichen Situation und rettet ihm damit das Leben.

Retter und Geretteter im Wohnzimmer in Kreuth vereint: auf dem Sofa (von links nach rechts) Anneliese Frieß, Maria Frieß, Harald Frieß und Sohn Simon Frieß. Stehend (von links nach rechts) Sabrina Hanneder, Roswitha Leidenberger und Christopher Weber. Friedrich Weber fehlt auf dem Bild. Foto: Anne-Lena Leidenberger

Retter und Geretteter im Wohnzimmer in Kreuth vereint: auf dem Sofa (von links nach rechts) Anneliese Frieß, Maria Frieß, Harald Frieß und Sohn Simon Frieß. Stehend (von links nach rechts) Sabrina Hanneder, Roswitha Leidenberger und Christopher Weber. Friedrich Weber fehlt auf dem Bild. Foto: Anne-Lena Leidenberger

„Nur zehn Minuten länger dort unten und es wäre zu spät für mich gewesen“, ist sich Harald Frieß sicher. Nie gab es Probleme, wenn der Landwirt aus Kreuth in seinen Güllekanal gestiegen ist. Anders an jenem heißen Augusttag, an dem er erneut den Deckel zu dem Kanal seines Hofes in Kreuth öffnet.

Wie ausgelöscht

„Ich weiß nicht mehr genau, weshalb ich nach unten gegangen bin. Der Tag ist wie ausgelöscht aus meinem Gedächtnis“, sagt Harald Frieß. Während er in den Güllekanal steigt, ist seine Mutter Anneliese Frieß ebenfalls anwesend und beaufsichtigt die Rinder. Sie ist somit auch vor Ort, als ihr Sohn kurz darauf das Bewusstsein verliert. So schnell wie möglich schließt sie den Güllekanal, um die Kühe von der Unfallstelle fern zu halten, holt ihre Schwiegertochter Maria Frieß aus dem gemeinsamen Haus und läuft auf die Straße um nach Hilfe zu rufen.

Auf die panischen Hilferufe reagieren Familie Leidenberger und Familie Weber aus Kreuth. „Wir brauchen ein Seil – das war unser erster Gedanke, als wir gehört haben, dass Harald im Güllekanal liegt“, erinnert sich Roswitha Leidenberger.

Herbert Leidenberger

Herbert Leidenberger

Nach Eintreffen der Nachbarn geht alles ganz schnell. Während sich Familie Weber um den kleinen Sohn der Familie Frieß kümmert und den Notruf absetzt, steigt Herbert Leidenberger ohne Umschweife in den Schacht des Kanals. „Ich wusste genau was ich tue“, sagt der Hofbesitzer aus Kreuth, „für jemanden, der nicht aus dem Bereich Landwirtschaft kommt, kann diese Situation jedoch sehr gefährlich werden.“ Er wusste, dass er tief Luft holen müsse und sich nicht zu weit nach unten begeben dürfe, erklärt Herbert Leidenberger.

Gülle sondert eine Reihe von Gasen ab, die sich je nach Konzentration hochgiftig bis tödlich auf den menschlichen Körper auswirken. Am Unfalltag haben unter anderem die warmen Temperaturen zu der hohen toxischen Wirkung geführt.

Ohne Puls

Nur notdürftig und an einem Arm kann der Landwirt seinen verletzten Nachbarn befestigen. Während Herbert Leidenberger von unten aus dem Schacht schiebt, ziehen Maria Frieß, Roswitha Leidenberger und Christopher Weber den bewusstlosen Harald Frieß aus dem Güllekanal.

Sein Puls ist kaum mehr zu spüren. Deshalb beginnt seine Frau umgehend mit Wiederbelebungsmaßnahmen. „Hätte mir vorher jemand gesagt, dass ich Herz-Lungen-Wiederbelebung durchführen werde, hätte ich nicht geglaubt, dass ich das kann“, sagt Maria Frieß, „aber in einem solchen Moment ist alles anders.“ Bis die Rettungskräfte eintreffen, bleiben alle Helfer vor Ort und bemühen sich mit großem Einsatz um den Verunglückten.

Dass sich Harald Frieß wieder auf dem Weg der Besserung befindet, hat er dem schnellen und mutigen Handeln der Ersthelfer zu verdanken. „Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort, das ist alles“, sagt Roswitha Leidenberger bescheiden. Dass sie, ihr Mann und die anderen Helfer für Harald Frieß zu Lebensrettern geworden sind, wird er ihnen aber nie vergessen. all


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